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DDR-Museum – Faszinierende Hinterlassenschaft | nd-aktuell.de

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DDR-Museum – Faszinierende Hinterlassenschaft | nd-aktuell.de

Ein antimilitaristisches Statement an der Fassade des neuen Depots des DDR-Museums in Berlin Marzahn

Foto: Karlen Vesper

Die Hinterlassenschaft von manch Verblichenen passt in einen Schuhkarton. Was nichts über das gelebte Leben aussagt. Es kann erfüllt, reich, glücklich gewesen und/oder durch widrige Zeitumstände verpfuscht, zerstört worden sein. Die Hinterlassenschaften der DDR sind enorm, materiell wie ideell. Die ideellen leben unter den Ostdeutschen in zweiter und dritter Generation fort, lassen sich nicht in Kartons oder Schubläden verbannen, ob positive oder negative Erfahrungen, Erinnerungen oder Erzählungen. Wobei die angenehmen mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum Abgang des »ersten Arbeiter- und Bauern-Staates auf deutschem Boden« von der geopolitischen Bühne zu überwiegen scheinen. Was natürlich ist. Unangenehme Erlebnisse verdrängt der Mensch schneller, vor allem, wenn spätere Verluste und Verletzungen als gravierender wahrgenommen werden.

Aber auch die materiellen Hinterlassenschaften des untergegangenen respektive vor 35 Jahren von der Mehrheit der Bevölkerung abgewählten Staates verstauben nicht in den Regalen musealer Einrichtungen. Sie genießen nahezu kultische Verehrung, nicht nur unter Ostdeutschen. DDR-Design und Produkte Made in GDR haben auch so manche Fans unter westdeutschen Bürgern und sogar im Ausland. Da wird auf Flohmärkten nach Amiga-Platten mit Aufnahmen von Ost-Rockbands oder den typischen bunten Plastik-Eierbechern in Hühnergestalt gestöbert. Hellerau-Möbel sind en vogue. Jugendliche ost- und westdeutscher Herkunft wohnen nicht nur wegen der geringeren Mieten lieber in der »Platte« als in einem Altneubau in den gentrifizierten Zentren der Großstädte. IFA-Fahrzeuge aus Zwickau, Eisenach und Suhl werden von ihren Besitzern liebevoll gehegt und gepflegt und die Trabi-Safaris durch Berlin und anderswo nicht nur von Touristen gebucht.

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Insofern verwundert es nicht, dass eines der meistbesuchten Museen in Berlin das DDR-Museum am Spreeufer, gegenüber Dom und Humboldt-Forum, ist. 2006 gegründet, kann es sich an über fünf Millionen Besuchern aus dem In- und Ausland erfreuen. Das Geheimnis dieser stolzen Bilanz ist, wie dessen Direktor Gordon Freiherr von Godin am Donnerstag bei einer Pressekonferenz erneut betont, dass man nicht nur über Stasi, Mauer und Unrecht berichte, sondern den Fokus auf das Alltagsleben in der DDR in der musealen Darbietung wie auch beim reichhaltigen Begleitprogramm zur sukzessive erweiterten und aktualisierten Dauerausstellung lege. Womit dieser privat geführten Einrichtung durchaus eine Art Pionierrolle zuerkannt werden kann, dominierte und dominiert nach wie vor in der Rückschau des Mainstreams auf den zweiten deutschen Staat das Repressionsnarrativ.

Der Sammlungsbestand des DDR-Museums ist im Laufe der Jahre enorm angewachsen. Eine neue Lagerstätte wurde gesucht und gefunden – in Berlin-Marzahn. Worüber sich die zu deren Eröffnung geladene Bezirksbürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf, Nadja Zivkovic, und ihr Stadtrat für Schule, Sport und Weiterbildung, Stefan Bley, freuen. Laut Godin und dessen Team passt der neue Ort trefflich. In zweierlei Hinsicht: Zum einen, weil in diesem Bezirk DDR-Geschichte noch überall präsent ist und viele in der DDR sozialisierte Bürger leben, zum anderen der Weg kürzer nach Mitte zum Museum ist, als von Spandau aus, wo die Bestände bis dato lagerten und die räumlichen Kapazitäten längst nicht mehr genügten.

Erstaunlich ist die Geschwindigkeit, mit der Bau und Umzug in die neuen Hallen glückte. Am 24. April 2024 (für Zahlenfetischisten interessant) ist die Grundsteinlegung erfolgt, vom 16. September bis 19. Dezember wurden die sich maßgeblich Spenden verdankenden Schätze umgelagert: insgesamt über 360 000 Objekte, von Plakaten, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher und Gemälden über Küchengeräte, Lampen, Staubsauger, Rasenmäher, Betonmischmaschine, bis hin zu Wartburg und Staatskarosse Volvo. Die Exponate in den zwei klimatisierten, über tausend Quadratmeter umfassenden modernen Hallen harren ihrer Zurschaustellung in künftigen Sonderausstellungen, sollen aber per Führungen der Öffentlichkeit bereits vorab offenbart werden, wie Sammlungsleiter Eric Strohmeier-Wimmer verkündet.

So weit das Auge blickt, Objekte aus der DDR.

Noch sind einige Regale leer. Sie werden sich gewiss rasch füllen. Manche Spenden aus privaten Haushalten oder Nachlässen müsse man leider ablehnen, bedauert Strohmeier-Wimmer auf »nd«-Nachfrage: »Mosaik-Hefte, ›nd‹-Ausgaben und Schulbücher haben wir schon zur Genüge.« Sein großer Stolz ist die stattliche Fahrzeugflottille. So weit das Auge blickt, dicht an dicht auf zwei Etagen Simson, Schwalbe, MZ, Trabi, Mifa und Diamant-Fahrräder. »Wer Mifa fährt, fährt nie verkehrt, weil Mifa überhaupt nicht fährt«, witzelte zu Unrecht der DDR-Volksmund über die rasch einklappbaren Drahtesel. Auch einen Multicar hat Strohmeier-Wimmer ergattert. Nicht minder stolz ist er ob des Porzellans, der Lampen und des Gestühls aus dem Palast der Republik, nebst zwei Glastüren. Mehrere Meter lange Regale sind allein mit Fernsehgeräten diverser Jahrgänge und Typen bestückt. Der mit leuchtenden Augen durch die Gänge führende Chefsammler des Berliner DDR-Museums ist überzeugt, dass gerade für Schulklassen ein Besuch des Depots gewinnbringend sei, ein Abenteuer, bei dem nebenbei Geschichte lebendig vermittelt wird. Sein Sohn sei jedenfalls jedes Mal begeistert, wenn er Papa auf dessen Inspektionsgängen begleiten darf.

In dem mit gemütlichen Sesseln aus den 60er/70er Jahren ausgestatteten »Klub der Funktionäre«, wie das humorige Museumsteam seinen Empfangs- und Sitzungsraum adelte, gibt es hinter den Türen und in Schubfächern einer opulenten Schrankwand Marke Carat Exponate aus Arbeitswelt, Schule, Freizeit und Urlaub zu entdecken. Zum Gaudi mancher Erstbesucher, die sich in ihre DDR-Jahre zurückversetzt fühlen. Eine Blind-Stielhandgranate löst hingegen eher unangenehme Erinnerungen an Wehrkundeunterricht und paramilitärischen Sport aus.

Selbst die wissenschaftlichen Berater des DDR-Museums, der langjährige Spiritus Rectors Stefan Wolle sowie Ilko-Sascha Kowalczuk, ab 1. Januar dieses Jahres beim DDR-Museum in Lohn und Brot, amüsieren sich köstlich beim Rundgang durch das neue Depot, so bei der Lektüre eines Blattes über Ordnung am Arbeitsplatz und die Verantwortung volkseigener Arbeiter und Arbeiterinnen für eben diesen. Während Kowalczuk, Autor einer zweibändigen Ulbricht-Biografie, sodann in Karteikarten stöbert, resümiert Wolle (»Aufbruch nach Utopia«, »Die heile Welt der Diktatur«, »Leseland DDR«) über die unterschiedlichen Vorlieben von Funktionären und Mitarbeitern des ZK der SED bei der Ausstattung ihrer Büros mit Kunstwerken. Bevorzugten die einen Propagandabilder des sozialistischen Realismus, habe beispielsweise im Arbeitszimmer seines Vaters am Werderschen Markt in Berlin ein Reprint des Gemäldes von Eugène Delacroix »Die Freiheit führt das Volk« aus dem Jahr 1830 gehangen. Helmut Wolle war übrigens Autor einer kleinen, aber feinen Kolumne im einstigen Zentralorgan »Neues Deutschland« mit dem Titel »Vom Historiker angemerkt« sowie Verfasser des in der DDR populären, mehrfach aufgelegten Bandes »Götter, Mumien und Hetären. Kulturgeschichtliche Miniaturen«, der sich fürwahr messen konnte mit dem vor 75 Jahren in Westdeutschland erschienenen Weltbestseller »Götter, Gräber und Gelehrte« von C.W. Ceram, mit bürgerlichen Namen Kurt Wilhelm Marek.

Last but not least sei hier auf die originelle Verzierung der Fassade des neuen Depots des DDR-Museums verwiesen: ein zerlegter Schützenpanzer, gekrönt von einer Trabi-Karosserie. Ein Kunstwerk, das nicht nur als Hommage an den friedlichen Umbruch im Herbst ’89 in der DDR, sondern wohl auch als ein antimilitaristisches Bekenntnis gedeutet werden darf.

Erste öffentliche Führung durchs Depot des DDR-Museums am Sonntag, 16.3., zwischen 11 und 16 Uhr sowie jeweils dienstags von 11 bis 15 Uhr und donnerstags von 14 bis 19 Uhr, Pyramidenring 10, 12681 Berlin-Marzahn; Ticketverkauf über www.ddr-museum.de

Die Fahrzeugflottille des Berliner DDR-Museums

Die Fahrzeugflottille des Berliner DDR-Museums

Foto: Karlen Vesper

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Vreden unterliegt trotz drei Führungen

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Vreden unterliegt trotz drei Führungen

Auf und ab ging es in der zweiten Halbzeit. Am Ende nutzte der SV Heek die Fehler der Vredener und Spielertrainer Mike Börsting traf spät zum Sieg.

Dreimal gingen der Kreisligist des FC Vreden gegen den Bezirksligisten SV Heek beim 3:4 (1:1) in Führung, aber die Gäste glichen jeweils durch Luka Kösters aus, bis Spielertrainer Mike Börsting in der Nachspielzeit den Siegtreffer erzielte und Heek in die nächste Runde im Kreispokal schoss.

Es war ein wildes Auf und Ab im zweiten Durchgang. Nach schwacher erster Hälfte kamen die Heeker im zweiten Durchgang besser ins Spiel und hatten schon zu Beginn zwei gute Chancen durch Luka Kösters und Kinson Buß, aber das Tor fiel auf der anderen Seite.

Ein Vredener Spieler bekam den Fuß in einen Klärungsversuch der Gäste und Marcel Epping hatte auf der rechten Seite viel Platz. Sein Abschluss wäre wohl am Tor vorbeigegangen, aber von hinten lief der kurz zuvor eingewechselte Tom Boggenstall ein und traf zum 2:1 (58.).

Auf der anderen Seite nutzen die Heeker einen Vredener Fehler. Nach einem leichten Ballverlust an der Mittellinie wurde der Ball lang auf Luka Kösters gespielt, der keine Probleme hatte, auf 2:2 zu stellen (65.). Die Freude währte aber nur kurz, da ging die Heimelf erneut in Führung. Auf rechts spielte Tizian Kurth einen Ball scharf vor das Tor, wo am zweiten Pfosten erneut Tom Boggenstall zur Stelle war und zum 3:2 traf (67.).

Luka Kösters mit Dreierpack

Ein erneuter Fehler der Hausherren half Luka Kösters, sein drittes Tor zu erzielen. Bei einem langen Ball kam Vredens Torhüter Sebastian Welp aus seinem Kasten, ließ den Ball aber fallen und Kösters traf ins leere Tor (74.).

Den Lucky Punch erzielte Börsting, als alle schon mit dem Elfmeterschießen rechneten. Nach einer Grätsche im Mittelfeld bekamen die Gäste den Ball, links wurde Nils Alfert bedient, der Mike Börsting im Rückraum fand. Der Spielertrainer vollstreckte zum 4:3 (90.+3.).

Marcel Epping mit der Führung

Im ersten Durchgang war Vreden die deutlich bessere Mannschaft. Nach einer Ecke von Kai Erning stand Marcel Epping am zweiten Pfosten mutterseelenallein und köpfte unbedrängt zum 1:0 (12.). Weitere Chancen vergaben Marcel Epping (20.) und Christian Boggenstall (33.).

Kurz vor der Pause traf Luka Kösters zum 1:1. Sebastian Welp konnte einen Schuss von Kinson Buß klären, aber im Nachschuss war Kösters mit seinem Versuch über den Innenpfosten erfolgreich (44.).

„Es ist eine bittere Niederlage“, sagte Vredens Trainer Yuzuru Okuyama. Wir hätten im ersten Durchgang 3:0 oder 4:0 führen können. Im zweiten machen wir drei individuelle Fehler. Darüber dürfen wir jetzt nicht lange nachdenken, Sonntag geht es weiter.“

„In der ersten Hälfte ist Vreden verdient in Führung gegangen. Im zweiten Durchgang sind wir bei null gestartet und waren besser im Spiel. Die Moral stimmte und wir haben durch einen Konter den Lucky Punch“, antwortete Heeks Trainer Mike Börsting.

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Photovoltaik rechnet sich in Süddeutschland schneller – Stuttgart Journal

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Photovoltaik rechnet sich in Süddeutschland schneller – Stuttgart Journal

Der Süden Deutschlands gilt als sonnenreichste Region des Landes. Städte wie Freiburg, Regensburg oder Konstanz erreichen Spitzenwerte bei den jährlichen Sonnenstunden – teils über 1.900 pro Jahr. Auch die Intensität der Strahlung ist höher als anderswo.

Durch den steileren Sonnenstand und die kürzere Strecke durch die Atmosphäre trifft mehr Energie pro Quadratmeter auf die Solarmodule. Für Hausbesitzer und Unternehmen rechnen sich Photovoltaik-Anlagen im Schnitt ein halbes bis anderthalb Jahre schneller als im Norden. Ein Vorteil, der sich auch langfristig bezahlt macht.

Ein Gastbeitrag von Johannes Ostwald, Geschäftsführer Solar Süddeutschland & Wärmepumpen Süddeutschland

Wer diesen Heimvorteil bestmöglich ausschöpfen möchte, sollte ein paar Punkte beachten.

Am wichtigsten ist, den selbst erzeugten Strom möglichst weitgehend im eigenen Haushalt zu nutzen. Denn während die Einspeisevergütung für Solarstrom inzwischen auf unter acht Cent pro Kilowattstunde gefallen ist und weiter sinkt, kostet Netzstrom aktuell knapp 40 Cent, je nach Anbieter und Strommix. Jede Kilowattstunde Eigenverbrauch spart also bares Geld.

Damit dieser also noch weiter maximiert werden kann, empfiehlt sich die Kombination der PV-Anlage mit einem Batteriespeicher, der tagsüber überschüssigen Strom aufnimmt und abends wieder zur Verfügung stellt. So steigt der Eigenverbrauchsanteil von rund einem Drittel ohne Speicher auf bis zu 80 Prozent mit Speicher.

Noch effizienter wird es, wenn ein Energiemanagement-System die Stromnutzung im Haushalt steuert. Es verschiebt den Betrieb von Geräten wie Waschmaschinen, Wärmepumpen oder Wallboxen gezielt in die Zeiten hoher Sonneneinstrahlung. Moderne Systeme beziehen sogar Wetterprognosen ein und sorgen dafür, dass möglichst wenig teurer Netzstrom zugekauft werden muss.

Wichtig ist außerdem eine vorausschauende Planung. Die Anlagengröße sollte im Mindesten mit dem Verbrauch dimensioniert werden. Noch besser: zukünftige Verbraucher wie Elektroautos oder Wärmepumpen gleich in die Planung miteinbeziehen, um ein späteres Nachrüsten zu vermeiden und Kosten zu sparen.

Schließlich kommt es auf die richtige Beratung an. Der Markt wächst rasant, doch nicht jeder Anbieter plant zuverlässig. Empfehlenswert sind Meisterbetriebe mit regionaler Erfahrung, die auch rechtliche Vorgaben wie das neue Solarspitzengesetz im Blick haben. Dieses schreibt unter anderem intelligente Mess- und Steuereinheiten vor, damit Einspeisung und Verbrauch in Zeiten hoher Solarproduktion optimal geregelt werden können.

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Bundeshaushalt – Bundeshaushalt 2025: Ein Budget für drei Monate

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Bundeshaushalt – Bundeshaushalt 2025: Ein Budget für drei Monate

Las der Regierung am Dienstag im Bundestag die Leviten: Linke-Chefin und Haushaltsexpertin Ines Schwerdtner

Foto: dpa/Britta Pedersen

Was lange währt, wird Großgeschenk an die Wirtschaft in der Hoffnung auf Investitionen sowie ein Blankoscheck für die Aufrüstung, frei nach dem Motto: »Whatever it takes«: der Bundeshaushalt 2025 und seine kreditfinanzierten Schattenetats. Am Donnerstag wird der Bundestag ihn beschließen, etliche Einzelpläne passierten bereits zu Beginn der Haushaltswoche am Dienstag das Parlament.

Letztlich steht seit der Konsensfindung in der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Parlaments am 4. September bereits alles fest. Gleichwohl lieferten sich Opposition und Regierungsvertreter in der ersten Haushalts-Plenarsitzung am Dienstag harte Wortgefechte. Namens der Linken geißelte deren Vorsitzende Ines Schwerdtner die soziale Schieflage des Etats wie auch der Pläne für die nächsten Jahre. Ihre Partei werde den Haushalt nicht mittragen, die Regierung finde »in uns ihren entschiedensten Gegner«, erklärte Schwerdtner anschließend.

Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hatte zu Beginn der mehrtägigen Schlussdebatte den Etat gelobt: »Wir investieren, wir reformieren und wir konsolidieren.« Rednerinnen und Redner der Opposition kritisierten hingegen, dass trotz neuer Rekordschulden kaum Geld bei den Menschen ankomme und Mittel für Investitionen zum »Stopfen von Löchern« zweckentfremdet würden.

Der Haushalt sieht Ausgaben von insgesamt 502,5 Milliarden Euro vor. Die Neuverschuldung im Kernhaushalt soll fast 82 Milliarden Euro betragen. Hinzu kommen weitere neue Kreditaufnahmen für die Sondervermögen für die Bundeswehr sowie für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität in Höhe von rund 58 Milliarden. Für Kredite für die Bundeswehr und für die Sondervermögen gelten Ausnahmen von der Schuldenbremse im Grundgesetz.

Für den militärischen Bereich, in den auch die Unterstützung der Ukraine fällt, sind allein im Kernetat 75 Milliarden Euro vorgesehen, davon 30 Milliarden schuldenfinanziert. Aus dem Infrastruktur-Sondervermögen will der Bund in diesem Jahr etwas mehr als 37 Milliarden Euro nutzen. Davon sollen knapp zwölf Milliarden in den Verkehrsbereich fließen, darunter 2,5 Milliarden in den Erhalt von Autobahnbrücken und mehr als 7,5 Milliarden in den von Bahnschienen. 1,5 Milliarden Euro aus dem Topf fließen an in Krankenhäuser, fast drei Milliarden in den Breitbandausbau für bessere Internetverbindungen.

»Noch nie hat eine Regierung so viel Geld ausgegeben, und noch nie ist so wenig bei den Menschen angekommen.«


Ines Schwerdtner Linke-Bundesvorsitzende

Die Grünen-Politikerin und Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Lisa Paus, warf der Regierung mit Blick auf das 500-Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz vor, für Investitionen vorgesehene Mittel für Konsumausgaben zu verpulvern. Von »Verschiebebahnhöfen und Haushaltstricksereien«, sprach in Berlin Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. Sie pochte auch darauf, wie vereinbart Mittel aus dem Sondervermögen für Klimaschutz-Investitionen einzusetzen.

Haushaltspolitikerin Schwerdtner konstatierte: »Noch nie hat eine Regierung so viel Geld ausgegeben, und noch nie ist so wenig bei den Menschen angekommen.« Der geplante »Herbst der Reformen« entpuppe sich als »massiver Angriff auf den Sozialstaat«. Von den angekündigten Investitionen bleibe »vermutlich nur heiße Luft«. Es würden »fast 50 Milliarden Euro Steuergeschenke an Unternehmen« herausgeblasen, während ständig darüber geredet werde, »wie man den Ärmsten noch zehn Euro aus der Tasche ziehen kann«, warf Schwerdtner Union und SPD vor. Sie forderte stattdessen eine Vermögensteuer, die »100 Milliarden Euro« jährlich einbringen würde.

Klingbeil verwies hingegen auf Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung, »um unser Land effektiver, moderner und handlungsfähiger zu machen«. Zugleich habe die Regierung die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren ermöglicht. »Wir wollen, dass die Bagger schnell rollen«, sagte er. Angesichts knapper Mittel müsse die Regierung zugleich bei den Ausgaben »priorisieren«.

Den Investitionsanteil von mehr als 20 Prozent bzw. 62,7 Milliarden Euro im Haushalt hob Unions-Fraktionsvize Mathias Middelberg hervor. Damit schaffe die Koalition »die Grundlage für neues Wirtschaftswachstum in Deutschland«. Dazu beitragen sollten auch die Entlastungen bei den Energiekosten sowie die Erhöhung der Pendlerpauschale, aber auch Anreize zu längerem Arbeiten durch die geplante »Aktivrente«. Einsparpotenzial sieht Middelberg beim Sozialsystem. Eine Kommission zu dessen Reform hat kürzlich ihre Arbeit aufgenommen.

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Die Verabschiedung des Etats 2025 hatte sich wegen der Bundestagswahl und des folgenden Regierungswechsels stark verzögert. Aktuell gilt daher eine vorläufige Haushaltsführung, die erst mit dem Inkrafttreten des neuen Etats endet. Parallel läuft bereits das Verfahren zur Aufstellung des Haushalts für 2026. Über diesen Plan wird der Bundestag kommende Woche erstmals debattieren, er soll noch in diesem Jahr beschlossen werden. Während die Regierungskoalition für das kommende Jahr noch davon ausgeht, den Etat formal ohne Lücken hinzubekommen, klafft derzeit im Plan für 2027 noch ein riesiges »Loch« von rund 34 Milliarden Euro.

Im vergangenen November scheiterte die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP letztlich an der Aufstellung des Haushalts 2025. Es ging um eine Lücke von drei Milliarden Euro, die der damalige Kanzler Olaf Scholz durch Kredite schließen wollte. Sein Finanzminister Christian Lindner (FDP) lehnte das rigoros ab. Letzten Endes wurde er von Scholz entlassen.

Nach der vorgezogenen Bundestagswahl räumten Union und SPD diesen potenziellen Streitpunkt direkt aus: Sie schafften durch Ausnahmen von der Schuldenbremse enorme Kreditspielräume für Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben. Diese summieren sich auf fast eine Billion Euro über zehn Jahre.

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