Heile Welt, durchsetzt von Gewalt, das war die BRD der 70er Jahre: ein Blick in die multimediale Ausstellung
Foto: Julian Blum/Jonas Höschl
Eine halbe Tonne wiegt das feuer-, blut-, arbeiterkampfrote Motorrad des japanischen Traditionsunternehmens Suzuki, Modell GS 750, am Eingang von Jonas Höschls Ausstellung »Point of No Return«. Es befindet sich in der Galerie von Anton Janizewski am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin, wo einst das große Räuberrad der Volksbühne stand; Touristen ziehen vorbei, knipsen das geile Teil, von der Torstraße hört man Raser.
Höschls Suzuki ist kein Retro-Kleinod für Motorsportfreunde, sondern eine genaue Nachbildung des Vehikels, auf dem 1977 zwei Mitglieder der Roten Armee Fraktion fuhren und und von dem aus diese den Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seine zwei Bodyguards Wolfgang Göbel und Georg Wuster im Auto erschossen. Bis heute ist unklar, wer abdrückte, sie nannten sich »Kommando Ulrike Meinhof«. Das Chrom, der Ledersitz, der rote Lack – hat man die Geschichte im Hinterkopf, wird hieraus ein merkwürdiges Geschöpf. Ein ziviles Fahrzeug, ein Massenprodukt der japanischen Wirtschaft, das den Tod brachte.
Auf der Rückseite des gleichfalls roten Ausstellungsdisplays aus Holz ist eine Video-Arbeit positioniert, in der Bilder aus Katalogen, Gebrauchsanleitungen für glückliche Motorrad-Inhaber des wirtschaftlich prächtig aufgestellten Westens der 70er Jahre montiert werden mit dem abstrakten Charme technischer Zeichnungen sowie Fotos von der Waffe, mit der Buback erschossen wurde, und Zeitungsausschnitten. Zwei Wochen nach der Tat erschien in der die Zeitschrift »Motorrad« eine Anzeige, in der Suzuki für seine »Sportskanone der Scharfschützen« warb.
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Erinnerungen ziehen hier vorbei aus der Werbung, der Tagespresse und dem Reparaturhandbuch für das Motorrad. Schnelle Schnitte, viele Bildformate und man wird unbewusst durchgerührt: heile Welt, historische Gewalt, Verbraucheralltag der Vorgängergeneration. Hinzu kommen die Lyrics des Songs »Point Of No Return« von Gene Daniels, entnommen dem Soundtrack des Films »Scorpio Rising« von Kenneth Anger aus dem Jahre 1963. In diesem geht es um schwule Männer in Lederjacken (vergleiche: Andreas Baaders Kleidung) und die Erotik des Motorrads.
Höschls Ausstellung liegt eine gründliche Recherche zugrunde. Der 1995 in Regensburg geborene Fotograf und Konzeptkünstler, der 2022 ein Buch über die »Politik von Medienbildern« veröffentlicht hat, war für diese Ausstellung in Stuttgart unterwegs, wo bekanntlich die erste Generation der RAF im Stammheimer Knast den Tod fand. Er hat eine Frottage des Grabsteins von Andreas Baader und Gudrun Ensslin angefertigt – Jan-Carl Raspe wird ausgespart –, in der die Namen Andreas und Gudrun wie ein eingeritzter Liebesbeweis auf einem Baum oder ein gespenstisches Omen in Reifenspuren zu lesen sind.
Ein Tageslichtprojektor wirft ein »Merkblatt« an die Wand, auf dem Vorsichtsmaßnahmen und Verhaltensregeln verzeichnet sind, die das Bundeskriminalamt an Personen ausgab, denen sie zutrauten, RAF-Entführungsopfer zu werden. Ein Leben nach Protokoll aus dem Terrorschutz. Ähnlich antiquiert ist das manchen aus Archiven und Bibliotheken bekannte Medium Mikrofilm. Höschl fand einen, der die Einweihung des Denkmals für Buback und seine Personenschützer zeigt: Trauerritual der Familie und unpersönlicher Staatsakt auf Mini-Bildern, Scherpen in Schwarz-Rot-Gold auf Stein in Karlsruhe, wo die Männer erschossen wurden.
An der Wand gegenüber ist eine Arbeit angebracht, die das Gefühl unheimlicher Heimeligkeit, Privatheit und Einsamkeit potenziert: die Schallplatte »Desire« von Bob Dylan, die Ulrike Meinhof wohl in der Nacht ihres mutmaßlichen Selbstmords im Mai 1976 hörte, auf das Glas gedruckt ein Bild von Dylan und eins des schwarzen Boxers Rubin »Hurricane« Carter, dem Dylan auf diesem Album ein Lied widmete, nachdem diesem ein Mord aus rassistischen Gründen unterstellt worden war. Und dann ist unter dem Glas auch noch eine Seite aus einer Gefangenenzeitschrift zum Papierflieger geknickt — man denke an die Flugzeugentführung. Höschl nennt dieses Ensemble »18. Oktober 1977«.
Die Glorifizierung der RAF-Mitglieder als Action-Helden, ihre Verteufelung als selbstgerechte Mörder, alle ideologischen Zurechtstutzungen umgeht Jonas Höschl in seiner subtilen wie aufwühlenden Ausstellung. Geschichte schwirrt als Abfolge von Gewalt, als Trauer und Verdrängung, Warenwerdung und Berichterstattungsfrage durch die Galerie Anton Janizewski. Wenn man bedenkt, dass Daniela Klette als Angehörige der letzten RAF-Generation im Gefängnis sitzt, nachdem Investigativjournalisten sie mit einem Gesichtserkennungsprogramm in einem Capoeira-Studio ausfindig gemacht haben, was für die Journalisten wohl eher spannend als moralisch notwendig war, ist über den Zusammenhang von Medien-Allgegenwart und Fahndungsverlangen nachzudenken. Einzeltäter-Terrorismus setzt aber auch keine Bewegung in Gang. 1977 und die Folgen werden ein morbides Wohnzimmer. Jonas Höschl gelingt eine anregende Auseinandersetzung mit dem Medienkrieg um, gegen, für die RAF.
Jonas Höschl: »Point of No Return«. Galerie Anton Janizewski, Weydingerstraße 10, Berlin, bis 19. April
Erstmals Afrikanische Schweinepest in NRW nachgewiesen
Für Experten war es nur eine Frage der Zeit. Die Afrikanische Schweinepest ist nun auch in Nordrhein-Westfalen angekommen. Im Sauerland wurde ein an der Krankheit verendetes Wildschwein gefunden.
Düsseldorf.In Nordrhein-Westfalen ist der erste Fall der Afrikanischen Schweinepest (ASP) nachgewiesen worden. Das zuständige Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) habe als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit das Virus bei einem im Sauerland gefundenen toten Wildschwein bestätigt. Das teilte das NRW-Landwirtschaftsministerium mit. Ein Jäger hatte den Kadaver im Kreis Olpe gefunden.
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Folgen können weitreichend sein
„Oberstes Ziel ist es, eine Ausbreitung des lokalen Falls der ASP im Wildschweinebestand zu verhindern“, teilte Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) mit. „Ich appelliere an unsere Landwirtinnen und Landwirte mit Schweinehaltungen, die bekannten Biosicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Hausschweinebestände vor der ASP gerade jetzt ganz besonders zu beachten“, so die Ministerin weiter.
Ungefährlich für den Menschen
Für Menschen ist die Afrikanische Schweinepest ungefährlich. Gleiches gilt für andere Haus- und Nutztierarten als Schweine. Für Haus- und Wildschweine verläuft jedoch eine Infektion mit dem ASP-Virus fast immer tödlich. Landwirte fürchte eine Ausbreitung der Seuche daher.
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Die ursprünglich in Afrika verbreitete Schweinepest wurde 2014 erstmals in der Europäischen Union nachgewiesen. In Deutschland gab es seit Ausbruch der Seuche 2020 laut Deutschem Jagdverband insgesamt mehrere Tausend bestätigte Funde bei Wildschweinen in Brandenburg, Sachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.
Sie nehmen stundenlange Fahrten auf sich und warten in 50 Meter langen Schlangen – um in einen Keks zu beißen. Der Laden „Cookie Couture“, bisher in Köln und Stuttgart, macht die Influencer verrückt! Am Samstag eröffnet nun auch eine Filiale in Hamburg. Und wieder sollen diverse Influencer-Promis kommen! Was die handtellergroßen Kekse so besonders macht und was die Kunden in der Hansestadt erwartet: Die MOPO hat mit dem Gründer gesprochen.
Riesige, noch warme Kekse. Sie werden bei „Cookie Couture“ vor den Augen der Kunden garniert. Mit verschiedenen kalten Cremes, mit Goldstaub, Kornblumen, Brezelchen oder frischen Früchten. „Unsere Kekse sind sehr ‚instagrammable‘“, sagt Gründer Kilian Wisskirchen zur MOPO. Und meint: Influencer reißen sich darum, Geschmackstest-Videos mit den Keksen bei Social Media zu posten. „Sie filmen auch gerne, wie ihr Cookie hier frisch dekoriert wird“, so Wisskirchen. Einige seien dafür schon extra von Hamburg nach Köln gereist. Mehr als 30 Millionen Views haben die Keks-Videos bei TikTok schon erreicht. Die lange Reise braucht es nun aber nicht mehr für Hamburger Keks-Fans.
„Cookie Couture“: Keks-Laden eröffnet bald in Hamburg
Immer samstags würden sich vor den Läden in Köln und Stuttgart mindestens 50 Meter lange Schlangen bilden. „Dann müssen wir leider auch Leute wieder nach Hause schicken. Die Nachfrage ist zu groß. Samstags läuft der Ofen durch.“ Da passt es doch zum (gewollten?) Hype, dass der Laden in Hamburg auch an einem Samstag eröffnet wird. Am 14. Juni ab 13 Uhr geht es los in der Filiale im „Westfield“ im Überseequartier. Die ersten 100 Cookies sind gratis. Ob wohl auch wieder ein paar bekannte Influencer kommen? Beim „Soft Opening“ (also eine nicht öffentliche Eröffnung für Ausgewählte quasi) war zumindest schonmal der Hamburger Food-Influencer Konstantin Hilbert da, der auch ein Video von seinem Besuch machte:
Die Idee für den Cookie-Laden hatten der 29-jährige Kilian Wisskirchen und seine zwei Mitgründer übrigens auf Reisen in die USA. „Dort haben wir Cookies kennengelernt, die innen ganz weich und außen schön knusprig sind“, sagt er. Diese Konsistenz hätten sie mit gutem deutschen Backhandwerk („keine Zusatzstoffe“) und französischer Patisserie (hübsche Deko) verbunden. Alle Cookies werden frisch vor Ort im Laden gebacken.
picture alliance/dpa | Christoph SchmidtMitgründerin Julia Boes zeigt im Stuttgarter Laden die Keksvarianten.
Mitgründerin Julia Boes zeigt im Stuttgarter Laden die Keksvarianten.
picture alliance / imageBROKER | Michael WeberSchlange stehen für Kekse: Kunden warten vor dem Laden „Cookie Couture“ in Stuttgart.
Schlange stehen für Kekse: Kunden warten vor dem Laden „Cookie Couture“ in Stuttgart.
Cookie CoutureKilian Wisskirchen (29) ist einer der Gründer von „Cookie Couture“.
Kilian Wisskirchen (29) ist einer der Gründer von „Cookie Couture“.
Und das Start-up aus Köln läuft bestens: 15 weitere Läden sollen in Deutschland noch in diesem Jahr eröffnen. Der im Westfield ist also nur der Anfang. Alle Cookies gibt es auch dort nur zum Mitnehmen.
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Bestseller sei der „Raspberry White Chocolate“-Cookie mit einem Vanille-Frosting, weißer Schokolade, Himbeerpüree und frischen Himbeeren. Aber auch der vegane „Spekulatius“-Keks mit „Lotus“-Krümeln sei der Renner. Kleine Cookies sind ab 2,90 Euro zu haben, große ab 3,90 Euro. Und natürlich gibt es auch einen „Dubai Style Choc“ mit Pistaziencreme und Kadayif. „Instagrammable“, eben.
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