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P.A.I.N. – Criminal Record | vinyl-keks.eu

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P.A.I.N. - Criminal Record 1

Mit „Criminal Record“ veröffentlicht das britische Dub-Ska-Punk-Kollektiv P.A.I.N. (Propaganda And Information Network) eine Werkschau, die über das hinausgeht, was man gemeinhin unter einer Compilation versteht. Dieses Album ist ein eindrucksvolles Zeugnis aus fast drei Jahrzehnten Subversion, DIY-Spirit und musikalischer Entschlossenheit – ein Manifest der Gegenkultur, das heute relevanter denn je erscheint.

Ich erinnere mich noch genau an das Jahr 1996, als ich zum ersten Mal mit P.A.I.N. in Berührung kam. Das Debütalbum war gerade erschienen und hat mich sofort umgehauen. Es war mein erster Kontakt mit Dub – und diese Mischung aus tiefen, wabernden Bässen, tanzbarem Groove, punkiger Direktheit und politischer Klarheit traf mich mitten ins  jugendliche Punker-Herz. Ich spürte sofort: Das ist mehr als Musik, das ist Haltung, Bewegung, Widerstand. Echt starkes Teil – leider konnte ich die CD (Frevel!) nicht mehr in meiner Sammlung finden. Vermutlich hat bei einem meiner Umzüge ein Helfer mit gutem Musikgeschmack seine Chance genutzt. Sei’s drum – sei dir gegönnt!

Die Band wurde damals zurecht gefeiert – in den einschlägigen Fanzines hagelte es positive Kritiken. P.A.I.N. schlugen in eine ähnliche Kerbe wie The Clash, die schon in den späten 70ern Punk mit Reggae, Dub und politischem Bewusstsein kombinierten. Doch P.A.I.N. gingen noch weiter – noch tiefer in den Dub, noch konsequenter im Do-it-yourself, noch klarer in ihrer Systemkritik.

Mit dem 1999 erschienenen „Ouch! legte die Band nach, bevor es im Studio lange still wurde. Auch ich verlor P.A.I.N. für eine Zeit aus dem Blick – und aus dem Ohr. Doch live blieben sie offenbar stets aktiv, was auch die auf „Criminal Record“ enthaltenen Live-Aufnahmen aus verschiedenen Venues eindrucksvoll belegen.

2023 meldete sich die Band mit The Lost Demos zurück – einer limitierten Vinylpressung von nur 300 Stück, die umgehend vergriffen war. Auch Teile dieser raren Aufnahmen finden nun ihren verdienten Platz auf „Criminal Record“.

Musikalisch bewegt sich die Sammlung souverän zwischen Dub, Punk, Ska und Reggae. Der Sound ist dabei oft roh, rau und teils krachig – aber genau das macht die Platte so authentisch. Hier wurde nichts glattgebügelt oder nachproduziert. Stattdessen hört man Schweiß, Haltung und die Lust am Widerstand. Dieser Sound ist keine Hochglanzproduktion – er lebt vom Unfertigen, vom echten Moment.

 

 

 

„Criminal Record“ ist nicht nur eine Retrospektive. Es ist ein politisches Statement, ein akustisches Zeitdokument, ein lauter Beweis dafür, dass sich Haltung und Energie auch nach Jahrzehnten nicht abnutzen.

Besonders hervorzuheben ist erneut die Rolle von Mad Butcher Records, die mit diesem Release ein weiteres wichtiges Kapitel linker Musikgeschichte zugänglich machen. Das Label ist seit mittlerweile 30 Jahren ein verlässlicher Hort für musikalischen Widerstand und bewahrt Stimmen, die sonst womöglich verloren gingen.

Kritisch anzumerken bleibt jedoch das Fehlen ausführlicher Texte, Liner-Notes oder genauer Track-Informationen. So bleibt beispielsweise unerwähnt, dass das Stück „Babylon’s Burning“ eine Coverversion des Klassikers von The Ruts ist – ein Hinweis, der gerade neuen Hörer*innen geholfen hätte, sich tiefer in das kulturelle Erbe dieser Musik einzufühlen.

Auch ein Hintergrund zur Entstehung des Songs „Let Me Grow More Weed“ – ein Track, auf dem der mittlerweile verstorbene Drogenschmuggler Howard Marks als Feature auftaucht – wäre wünschenswert gewesen. Warum Drogen und Personen, die mit deren Handel zu tun haben, in alternativen Szenen häufig verklärt oder gar abgekultet werden, hat sich mir ohnehin nie wirklich erschlossen.

„Criminal Record“ ist ein Muss für langjährige Fans, ein idealer Einstieg für Neulinge – und ein starkes Argument dafür, warum subversive Musik noch immer gebraucht wird. Laut, unbequem, aufrüttelnd – so wie Punkrock auch sein wollte und sollte, nur mit dickerem Bass und dubbigem Nachdruck.

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SCRAPS – On the Edge of the Abyss

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SCRAPS

Scraps – On the Edge of the Abyss
Vier Jahrzehnte Wut – und kein bisschen leiser


Zurück aus dem Abgrund – und direkt ins Gesicht

Es gibt Comebacks – und es gibt Manifestationen. „On the Edge of the Abyss“, das neue Album der französischen Anarcho-Hardcore-Institution Scraps, gehört ganz klar zur zweiten Kategorie. Fast drei Jahrzehnte nach ihrem letzten Studioalbum und pünktlich zum 40-jährigen Bandjubiläum kehren die Veteranen des politischen Hardcore mit einer Platte zurück, die nichts beschönigt und eine Feuersbrunst auslöst.

Dass Scraps seit den frühen 1980ern aktiv sind, hört man der Platte an – aber nicht im Sinne von Alterserscheinungen, sondern in der Form einer unbändigen Reife, die aus vier Jahrzehnten radikaler DIY-Erfahrung gewachsen ist. Diese Band hat nie aufgehört, unbequem zu sein, und wer dachte, die würden sich nach all den Jahren mit einem weichgespülten Altherren-Sound zufriedengeben, hat sich mächtig geschnitten.


Alter Spirit, neue Wut

„On the Edge of the Abyss“ enthält 13 kompromisslose Hardcore-Attacken, die alles liefern, was man von Scraps erwarten darf – und doch nach vorne gehen, statt sich in Nostalgie zu verlieren. Der Sound erinnert an die rohe Energie der späten 1980er und frühen 1990er, wie man sie von ihren Klassikern kennt, aber wirkt seltsam zeitgemäß, fast beängstigend aktuell.

Das treibende Schlagzeug gibt den Takt vor, die Gitarren fügen sich messerscharf drüber und reißen alles mit sich, während die markante Stimme des Sängers wie ein roher Nervenstrang durch jeden Song zieht. Er ist ohne Frage das stimmliche Zentrum dieser Platte – mit hoher, emotional aufgeladener Stimme schreit er dem Hörer die vorwiegend politischen Inhalte direkt ins Gesicht: Patriarchat, Nationalstaaten, Grenzen, Migration, Solidarität – alles wird aufgerissen, alles wird in Frage gestellt.

Und als wäre das nicht genug, erlaubt sich die Band inmitten der Raserei auch geschickte Tempowechsel: kurze Midtempo-Passagen, Breaks, sogar Momente beinahe völliger Reduktion – genau richtig platziert, um die Spannung hochzuhalten und dem Album Luft zum Atmen zu geben, ohne an Druck zu verlieren.


Drei Originale und ein frischer Taktgeber

Dass Scraps heute noch so explosiv klingen, liegt auch an der Besetzung: Drei Mitglieder der Urformation sind noch dabei, ergänzt durch Michael (Plague Thirteen und Link) an den Drums – ein Neuzugang, der den Sound tight hält, ohne den rauen Charakter der Band zu verwässern. Seine Drums sind präzise, aber ungehobelt – genau wie es sein muss.

Besonders hervorzuheben ist der Bass, der in fast jedem Song ganz vorne mitspielt. Statt sich mit der klassischen Hintergrundrolle zu begnügen, drückt er die Songs nach vorne, verleiht ihnen Wucht und Tiefgang. Über allem schweben Gangshouts, die sich wie Schlachtrufe durch die Tracks ziehen – immer im Kollektiv, nie als Einzelstimme. Das ist nicht Pose! Das ist Hardcore als Gemeinschaft!

 

 


Kein Rückblick – ein Aufschrei in der Gegenwart

Die Songs auf „On the Edge of the Abyss“ atmen Geschichte – aber sie sind kein Museum. Scraps klingen heute ebenso wach und wütend wie in ihren Anfangstagen. Die Themen sind universell: Macht, Unterdrückung, Überwachung, Ohnmacht, Widerstand. Der Unterschied: Heute sind sie vielleicht sogar noch relevanter.

Der Albumtitel ist Programm. Wir stehen am Abgrund – gesellschaftlich, politisch, ökologisch. Scraps schreien nicht gegen die Dunkelheit an, sie gehen mit Fackeln rein. Sie bieten keinen Ausweg, aber einen Soundtrack für alle, die nicht resignieren wollen.


Kein Denkmal, sondern eine Waffe!

Die Band hat sich eindeutig nicht auf vergangene Verdienste verlassen. Die Stücke sind schnell, wütend und kantig, mit politischen Lyrics, die mehr fragen, anklagen und aufrütteln als jemals zuvor. In Zeiten von Pandemie, autoritären Tendenzen und globalem Kontrollverlust klingt dieses Album wie ein Soundtrack zum globalen Nervenzusammenbruch – aber aus der Sicht derer, die sich nicht unterkriegen lassen.

„On the Edge of the Abyss“ ist keine nostalgische Rückkehr, sondern ein lautes, schneidendes: Wir sind noch hier. Für alle, die Hardcore nicht als Mode, sondern als Haltung verstehen, ist dieses Album ein Muss. Keine Spielerei, kein Selbstmitleid, keine Kompromisse – einfach 100 % Scraps.

Ob du in den 1980ern dabei warst oder gerade erst deinen ersten DIY-Gig besucht hast: Dieses Album spricht zu dir.

Direkt.

Laut.

Und ehrlich.

Vinyl ist für mich nicht nur Musik, sondern ein Erlebnis. Die von mir beschriebenen Alben, habe ich alle ausgepackt, angeschaut und angehört. Gerne auch mehr als ein Mal. Bei den Reviews mache ich mir immer ein eigenes Bild durch entsprechende Recherche und das konzentrierte Anhören. Das ist meine Art den Künstlern entsprechende Wertschätzung für ihre Kreativität und Kunst entgegenzubringen.
So kann es vorkommen, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens, die Platten in seltenen Fällen vergriffen sind.
Dazu gibt es für mich keine Alternative: über Platten schreiben, in dem man die Pressetexte abschreibt ohne die Platte in den eigenen Händen gehalten zu haben, macht für mich keinen Sinn. Danke für euer Verständnis.

Lagartija Nick.

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Das Aus der Jugend – für immer niemals sein wie ihr

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Das Aus der Jugend - für immer niemals sein wie ihr 1

Plötzlich sprang mich so ein witziger Bandname an. Demotape von Das Aus der Jugend. Klar, ich habe erstmal Haus gelesen und mich dann auch über meine eigene Blödheit amüsiert. 
Wer öfter mal von mir hier liest weiß, ich steh auch Wortspiele, Wortverdrehungen und Wortakrobatik. 
Letzteres ist ja ein seltenes Gut im Punk und wurde lange als Studentenpunk abgetan. 
Ehrlich gesagt habe ich das Demotape schnell weggelegt, weil es mir viel zu Indie war – und dann kam die Anfrage mit der ersten Platte und ich bin ja auch begeisterter Hörer von Weiterentwicklungen. Also her damit, rauf auf den Plattenteller.

Und was von Flight13 Records kommt kann nicht Fail gehen, meistens, die LP heißt „für immer niemals sein wie ihr“. Wisst ihr jetzt was ich meine? Das ist schon mehr Wortakrobatik. Könnte ja auch nur „niemals so sein wie ihr“ heißen. Wäre aber ein veränderter Sinn und das „immer“ im Satz ohne das „so“ hat sowieso 1000 Mal mehr Wucht. 
Und dann guck dir die drei Typen auf dem Cover an! Ich glaub ihnen das. Dieses Setting, in dem sie sitzen, eiskalt ad absurdum geführt; dennoch nicht unmöglich, dass sie das cool finden. 
Deshalb werden sie niemals, niemals sein wie ihr. Und ihr nicht wie ihr, oder?

Der angeschnittene Zwetschgenstreusel (übrigens ist gerade in unserer Gegend, so zwischen Bühl und Freiburg sowas von Zwetschgenzeit!) zieht sich dann ganz wunderbar als Reminiszenz an die Beatles auf die Labels weiter: Seite A vollständig, Seite B das abgefutterte Blech. 

Während ich das instrumentale Klavier-Intro der Platte anhörte, las ich auf dem Textblatt die Lyrics und empfand sie direkt als gut. Ja, wirklich: gute Lyrics. Witzig. Hintersinnig. 
„Künstler aus Süddeutschland“ – „die SPD schiebt ab“ und „Mollies aus Champagnerflaschen“ sind direkt Hingucker und bergen schöne Scherze. 
Ja, schön, den Punk kann auch schön. 
Schön laut, schön rotzig, schön Fun, Arme in die Luft. 

Ich denke kurz, so für ca. 3 einhalb Minuten habe ich Gelegenheit dazu und dann kommt der dritte Titel „ich will dein Hundi sein“ – och neee. Echt jetzt?
Da hab ich mich schon so gar nicht abgeholt gefühlt. Ich hatte sofort „Waldheims Pudel“ von K.G.B. in den Ohren und The Neglected „my dog he licks me to keep my body clean“ – das sind so Songs um einen Song gemacht zu haben. Bleiben kleben wie der feuchte Tropfen einer Nektarine auf dem Küchenboden. Sehr alter Kram, der, in der Hoffnung darauf, das sich nicht „Schimmelkulturen aller Fächer vereinigt euch“ dahinter klebt, nicht mehr in diese Zeit passt. 
Aber Das Aus der Jugend möchte uns da sicher ihre Sichtweise näherbringen. Dochdoch, als Künstler aus Süddeutschland hat man in der Geburtenlotterie gewonnen und verspielt nun den Gewinn. 
Sie wirken jung, haben aber wohl all die Klassiker der deutschen Musikgeschichte wie Schwämme aufgesogen und nun wird mit Reibeisenstimme rausgeprügelt, was nicht mehr länger in der vollgestellten Studentenküche vor sich hinschlummert. 
Ein paar Songs sind irgendwie zu lang, dennoch alles klar, verständlich und äußerst amüsant. 

Seite B, das leere Blech, schau dir jetz amol a, was aus derre Jugend worre isch (<— das ist Badisch, oder sowas in der Art) folgt ein Ein-Minutenkracher auf den nächsten. Kaum Luft geholt, geht der nächste Track los. Alle drei Jugendlichen singen, so ist es ordentlich abwechslungsreich und „fick mindestlohn“ ein geiler Hardcore-Refrain. „glockengeläut“ nimmt ein wenig das Tempo raus, um dann mit „wir bauen uns ein haus“ einen Rock’n’Roll-Smasher rauszuhauen und zurecht die Keule gegen Nazi-Opas zu schwingen. 
Ey, wenn die wirklich so unverblümt und direkt auch auf den Straßen rumlaufen würden, dieses Aus der Jugend, dann wäre hier einiges echt geradegerückt. Ich höre da eine permanente Wut in den all der Fröhlichkeit!

Die Kritik an der Generation, die Boomer, kriegt ordentlich auch ne verbale Keule:

ich esse Steak, ich trinke Wein, 
ich bin ein altes, reiches, weißes Boomer-Schwein
ihr seid so faul, großes Maul
von nichts n Plan eure Armut kotzt mich an
„eure Armut kotzt mich an“

Als wäre das unbedingt berechtigte Kritik an den herrschenden Verhältnissen. 
Aber in meiner Jugend habe ich das auch so schon gehört, nur das das Wort Boomer darin nicht vorkam. Es hat sich also nichts verändert. Das ist echt arm. 

„Das Aus der Jugend“ ist das sehr gute, wilde Ende dieser Platte und beinhaltet nochmal das anarchistische Komplettpaket theatröses Chaos über Chaos, Piano, dummes Geschwätz über Fußball. 

Das Artwork, und all seine wilden Ideen, komplettieren ein Gemälde mit Rahmen, auf Betriebstemperatur und unter einer Minute.
Kaufempfehlung.

Flight 13.

 

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GRIND – UNCONTAMINATED BY DUST OF OLD

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GRIND

GRIND & Vinyl-Keks – Mehr als nur ein paar fette Riffs

GRIND und das Online-Magazin Vinyl-Keks – das ist keine einmalige Begegnung, sondern eine dauerhafte Allianz. Die Band war schon mehrfach Thema im Magazin: ob in Reviews, Interviews oder Features – GRIND sind präsent.

Doch die Verbindung geht tiefer als bloß Musikjournalismus. Zwei Menschen, eine gemeinsame Vision: René Michalski, Gitarrist von GRIND, und Nathalie Savinov, Musikerin, Aktivistin und mit Vinyl-Keks verbunden, treiben gemeinsam ein Projekt voran, das seinesgleichen sucht: MusInclusion, eine Initiative, die sich seit 2021 mit dem Thema Inklusion und Barrierefreiheit auf Konzerten beschäftigt.

MusInclusion – Wenn Musik Mauern einreißt

MusInclusion ist kein Hashtag, kein PR-Stunt – es ist ein echtes Herzensprojekt. Die Idee: Inklusion durch Musik leben. Nicht darüber reden, sondern machen. Nathalie kam der Gedanke, als sie sich fragte, ob sie mit ihrer Tochter – die mit Spina bifida lebt – überhaupt jemals auf ein Konzert gehen kann. Eine einfache Frage mit komplexer Realität. Viele Veranstaltungsorte sind für Menschen mit Behinderungen nicht oder nur eingeschränkt zugänglich, sowohl räumlich als auch strukturell. Und oft fehlt es nicht an gutem Willen, sondern an Know-how, Bereitschaft und schlicht an Sichtbarkeit der Problematik.

Zur gleichen Zeit kämpft René Michalski seinen ganz eigenen Kampf. Seit über 20 Jahren lebt er mit Multipler Sklerose. Der Rollstuhl ist für ihn längst Alltag – ebenso wie unsichtbare Einschränkungen, die man ihm auf den ersten Blick nicht ansieht. Doch auf Konzerten, stößt er immer wieder auf Barrieren: „Pragmatische Lösungen treffen oft auf strukturelle Diskriminierung. Ich bin damit nicht allein.“

Die beiden trafen im Rahmen von Nathalies Arbeit bei Vinyl-Keks aufeinander – und die Chemie stimmte sofort. Gemeinsam bringen sie seither MusInclusion voran: Radiobeiträge, öffentliche Diskussionen, inklusive Bandworkshops. Ein Highlight war der zweite Workshop im Juni 2025 in Marbach – Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung machten gemeinsam Musik, laut, roh, ehrlich. GRINDs Philosophie wurde zur gelebten Realität: Musik kennt keine Barrieren.

 

 

UNCONTAMINATED BY DUST OF OLD – Drei Songs, ein Statement

Und genau das schlägt sich auch in GRINDs neuer EP nieder: „UNCONTAMINATED BY DUST OF OLD“ ist mehr als nur ein Release. Es ist ein Spiegelbild des inneren Aufruhrs, eine Kombination aus brachialer Energie und tief persönlichem Ausdruck.

Die EP enthält zwei Stücke aus der kreativen Phase zum letzten Album „GRACE AND MISERY“:
„Raw Living“ und „Shame“ wurden 2024 bereits digital veröffentlicht, jetzt kommen sie endlich auch physisch auf Vinyl. Der dritte Track, „Capital Letters“, entstand in enger Kooperation mit Nathalie Savinov – sie schrieb den Text und performte gemeinsam mit ihrem Ehemann Alexei die zusätzlichen Vocals.

Track by Track: Wut, Liebe, Real Talk

„RAW LIVING“ beschäftigt sich mit dem Leviathan – einem Konzept von Thomas Hobbes. Der Mensch als Wolf, getrieben von Instinkten, ohne Regeln, ohne Moral. Das Stück ist ein ungeschöntes Klanggewitter, das diese düstere Welt real werden lässt.

„CAPITAL LETTERS“ schließlich ist ein roher, schonungsloser Text über das Aufwachsen mit Behinderung. Man spürt in jeder Zeile Nathalies Liebe zu ihrer Tochter – aber auch die Wut auf eine Gesellschaft, die immer noch zu oft wegschaut. Ein Song wie eine offene Wunde, aber auch ein Akt der Hoffnung und Stärke. Gänsehaut pur.

„SHAME“ geht noch tiefer: Scham – ein Gefühl, das lähmt, das uns kleinmacht. GRIND verwandeln es in einen kathartischen Sound. Es ist der Soundtrack zur inneren Zerreißprobe. 

 

 

Kunst trifft Haltung – Das physische Release

Die EP erscheint bei 7degrees Records auf Vinyl – in einer limitierten Auflage von nur 200 Stück. Das Cover-Artwork stammt von Sandra Hoitz und wurde per aufwendigem Siebdruckverfahren umgesetzt. Die Platte selbst ist einseitig gepresst – die Rückseite ziert ein edler Siebdruck des GRIND-Bandlogos. Ein Sammlerstück, das visuell genauso viel bietet wie musikalisch.

Soundtechnisch? Erste Liga. Die Platte klingt druckvoll, transparent, brutal ehrlich – genau das, was diese Songs brauchen. Die Dynamik erinnert an eine düstere Oper, ohne jemals kitschig zu wirken. Stattdessen: authentisch, roh, eindringlich.

Fazit: Mehr als Musik – ein Manifest

GRIND  bewegen sich im Fahrwasser von „GRACE AND MISERY“. Somit ist die musikalische Richtung klar: Wagemut & Purismus. Die Flensburger interpretieren das mit ihrer überladenden Kreativität, dem mutigen Überschreiten von Genregrenzen und der kontrollierten Zurücknahme bei der Technik. Von dieser Vorgehensweise profitiert die EP ebenfalls. Die beiden GRIND-Songs hätten es ohne Zweifel auf das Album geschafft. Schön, dass man diese Verlängerung auf Vinyl zu hören bekommt. 

Mit „UNCONTAMINATED BY DUST OF OLD“ beweisen GRIND einmal mehr, dass sie keine Band für die breite Masse sind – sondern für die, die zuhören wollen. Für die, die hinter die Oberfläche blicken. Für die, die Musik nicht nur konsumieren, sondern fühlen.

Und das Beste: das Release ist verknüpft mit Spendenaktion für MusInclusion. Also: Kaufen, hören, weiterdenken.

GRIND liefern Sound mit Seele – und Haltung, die bleibt.

 

 

Vinyl ist für mich nicht nur Musik, sondern ein Erlebnis. Die von mir beschriebenen Alben, habe ich alle ausgepackt, angeschaut und angehört. Gerne auch mehr als ein Mal. Bei den Reviews mache ich mir immer ein eigenes Bild durch entsprechende Recherche und das konzentrierte Anhören. Das ist meine Art den Künstlern entsprechende Wertschätzung für ihre Kreativität und Kunst entgegenzubringen.
So kann es vorkommen, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens, die Platten in seltenen Fällen vergriffen sind.
Dazu gibt es für mich keine Alternative: über Platten schreiben, in dem man die Pressetexte abschreibt ohne die Platte in den eigenen Händen gehalten zu haben, macht für mich keinen Sinn. Danke für euer Verständnis. Lagartija Nick.

 

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