Entertainment
Cats and Dinosaurs – Sabotage – Rattster Staffel 2 #3

Hamster und Ratte hören gerne Platte!
Hier kommt die neue Folge Rattster Review Story. Heute geht es passend zur Jahreszeit um Karneval, Fasching und Maskerade. Ich hoffe du hast die letzte Woche mit diesem Ereignis gut überlebt, falls es dir damit eventuell so ging, wie den plattensammelnden Nager-Nerds, aber lies selbst.
Ach ja, was bisher geschah, liest du nach in unserer Spezial-Rubrik Rattster Review Story (Staffel 1, Folge 1-8 und Staffel 2, Folge 1-2).
Für die heutige Folge wird der Soundtrack von Cats and Dinosaurs geliefert, der radikalen Swing Band aus Göteborg / Schweden, von ihrem 2024er Album „Sabotage“, erschienen bei Pacaya Records.
Dieses Mal kommt die Illustration wieder von Crizzl (Freischaffende Künstlerin und Oma gegen Rechts). Besten Dank dafür!
Klar hat Hamster auch wieder ihre Songzitat-Macke ausgelebt. Heute leicht zu erraten, mit zwei sehr bekannten Punkrock-Zeilen. Erkannt? Falls nicht, findest du die Lösung wie immer am Ende.
Viel Spaß!
Das Maul pappig, der Magen hohl, seine Pfoten krallten sich steif am Lenker der Babetta fest. Dehydriert mit Unterzucker fuhr er die nächste Kreiskurve. Der Fahrtwind war eiskalt und blies durch den Mantel hindurch tief in Rattes aufgeplustertes Fell hinein. „Auaaaaaa, mein Schädel!“, wimmerte er, als er über einen holprigen Feldweg rumpelte.
Er hatte heldenhaft am frühen Morgen zurück sein wollen bei Hamster im Oldschool-Bus, die Plattensammlung als Trophäe dabei. Doch stattdessen hatte ihn längst sein schlechter Orientierungssinn gestraft. „Aus welcher Richtung bin ich nur gekommen?“, brabbelte er irritiert, als er zum dritten Mal in denselben Kreisverkehr einfuhr. „Im Kreis, im Kreis, ich fahre im Kreis!“, hatte er aufgebracht gebrüllt, doch nützen tat es nichts.
Da hörte er plötzlich lustige Banjotöne aus einem nahen Waldstück klingen. „Ohhh, hier gibt’s irgendwo eine Partyyyyy!“, jubelte er und drehte am Gasgriff der Möff. Das Mofa stotterte und würgte, bäumte sich noch einmal auf und blieb dann stehen. „Oh verdammt, Sprit alle!!“, schimpfte Ratte und musste wohl oder übel auf Pedalbetrieb umschalten.
Ausgezehrt strampelnd folgte er den fröhlichen Banjoklängen. Alsbald schien Licht zwischen Bäumen hindurch und er hielt an zum Lauschen. Ein hingebungsvoller Sänger begann einen verträumten Song, der zutiefst sein Gemüt berührte. Dann setzten die verschiedensten Instrumente ein. Ratte war überwältigt, wie viele Instrumente beteiligt sein mussten, denn er meinte auch einen Kontrabass, eine Geige, ein Vibraphon, ja sogar ein Piano und Schlaginstrumente zu hören. Dies leidenschaftlich vorgetragene Lied war nur für ihn bestimmt, es bestand kein Zweifel!
This song is for you Who never grew to old to dream This song is for you Who never followed the stream
(Übersetzung: Dieses Lied ist für dich, Der nie zu alt wurde, um zu träumen, Dieses Lied ist für dich, Der nie dem Strom folgte) This song is for you, A-Seite Sabotage, Cats and Dinosaurs
Magisch fühlte er sich vom schmelzenden Gesang und den vielfältigen Klängen mit freudigem Herzen angezogen. Er machte ein paar Wiegeschritte in Richtung der Musik. Ähnlich einer samtig schönen Singstimme über mehrere Oktaven erklang nun ein Klarinettensolo. Irgendetwas in seiner Ratten-DNA ließ sich durch dies Holzblasinstrument anlocken. „Genau wie in diesem Rattenfänger-Märchen“, dachte er kurz. Aber das war doch nur eine Geschichte! Mit der Pfote wischte er alle Bedenken weg, denn das Klarinettenspiel rief ihn zu sich, er wollte Spaß.
Warum sollte er nicht einfach mitfeiern? Ratte schob das verreckte Oldtimer-Mofa an den Wegesrand und versteckte es mehr schlecht als recht. Leicht zu entdecken, doch das bemerkte Ratte kaum.
Er schnappte sich einen herumliegenden Tannenzweig und hielt ihn zur Tarnung vor sich. „Mein grüner Wollmantel tut mir im Geäst guten Dienst“, kommentierte er sein nadeliges Feigenblatt, als er den wandelnden Baum gab. Sein alter Trick, niemand bemerkte ihn herannahen.
Vor einer kleinen Holzhütte tanzte eine ausgelassene Partygesellschaft, eine neunköpfige Band namens Cats and Dinosaurs spielte live dazu im Moos. Hier war nichts verkabelt und verstärkt. Kein Mikrofon, keine Boxen, die Stimmen kamen direkt aus den Kehlen, der Sound aus den Instrumenten, die da waren: Gitarre, Violine, Klarinette, Saxophon, Vibraphon, Marimba, Banjo, verschiedenste Percussion, ein Schlagzeug, ein Piano und ein Kontrabass.
Überhaupt kam das Fest gut ohne Strom aus. Fackeln und Kerzen erhellten die Lichtung, es brannte ein knisterndes Lagerfeuer. Daran wollte er sich so gern erwärmen. Etwa zweihundert Feiernde trugen aufwendige Kostüme mit riesigen Dinosaurier-Köpfen, gezackten Kroko-Schwänzen und Mäulern voller doppelter Zahnreihen. Spitze Eckzähne blitzten hell im Feuerschein auf. Ratte dachte dabei intuitiv an Katzen. Doch seine Furcht vor dem Fressfeinde wich der Faszination, keine Katzen sichtbar.
Bei der Blockhütte fand er eine übriggebliebene Karnevalsverkleidung: Ein viel zu enges, rosarotes Tyrannosaurier-Outfit. „Perfekte Mimikry für die Party!“, flötete er aufgeregt und wirbelte mit ausgedehnten Tanzschritten zum Maskenball.
Staunend bewunderte er die Swing-Combo und die abwechselnd Singenden. Er begriff: “Eine Karaoke Party!“ Im nächsten Moment sah der ausgehungerte Ratte das überbordende Buffet. „Wahnsinn, ich muss im Schlarattenland sein!“, frohlockte er. Doch weit gefehlt, auf der Tafel fand sich alles, was das Katzen-Herz begehrte. Korn-Bier-Schnaps-Wein-Taurin-Bowle, Whiskey Schlabbermatsche, Shema Opferlamm in Soße, Go Crazy Katzenminze Leckerlies, Catstazy Tomatenfisch-Muffins und vieles mehr… Die Wanderratte als Allesfresser hatte Sternchen in den Augen.
„Nix wie hin da!“ Natürlich wollte er straight zur Kredenz, aber das Glück blieb aus. Hart wurde er am Ärmel zur Band gezerrt, der Partymob schrie drohend übermütig: „Singen, singen, singen!“ Das Publikum aus feierwütigen Fetensauriern wollte ihn, er war als einziger noch nicht beim Karaoke angetreten. „Nein, nein, lasst mal gut sein…“, versuchte er sich zaghaft zu wehren. Da hörte er in seiner Nähe eine böse Stimme schmatzend fauchen: „Ich rieche Rattenschweiss!“ Eine andere gurgelte geifernd: „Hört, hört, es ist eine Ratte unter uns!“, und die Dritte sabberte: „Mhhh, lecker, Frischfleisch!“
Panik übernahm die Steuerung, Rattes Puls hämmerte im Hals. Doch er wollte sich wehren, es ihnen mutig entgegen schreien: Mach kaputt, was dich kaputt macht! Unsicher krächzend begann er seinen Ton Steine Scherben Mutmacher-Song: „..Drum braucht er was zu fressen, bitte sehr…“ Zweihundert gierige Augenpaare hinter Masken starrten ihn an. Ratte stockte das Blut. Warum war er in die Mittelzeile des Lieds gerutscht, hatte den Auftritt verpatzt? Seine Kehle schnürte sich zu, er wollte nicht gefressen werden. Nein! Mit all seiner Kraft schmetterte er den Monstren plötzlich den entfesselten Refrain entgegen: „Macht kaputt, was euch kaputt macht!“ Das hatte gesessen. Einsatz der Band: Mit schnellem Rhythmus fing sie die Blicke ein, befahl den Füßen zu tanzen, den Körpern sich zu schütteln. Die Band ließ in Armstrong-Manier das Publikum ausflippen, wie die Affenbande um King Louie. Sie fesselte das Publikum an sich mit ihrer explosiven Swing-Punk-Attitüde, ließ keinen Raum mehr für andere Gedanken. Ratte sang um sein Leben, reduzierte gekonnt den Song auf die Kern-Message:
Ideen kommen, Ideen geh’n,
doch diese Taktik bleibt besteh’n:
Macht kaputt was euch kaputt macht
Macht kaputt was euch kaputt macht
Macht kaputt was euch kaputt macht
(Macht kaputt was euch kaputt macht, B-Seite Sabotage, Cats and Dinosaurs)
Die Partygesellschaft war längst nicht mehr nüchtern, die Feier ersoff in Aggressionen & Taurin. Gefährlich aufgekratzte Egos am Limit. Eine Figur trat wem im Gerangel auf die Pfoten. Ergebnis: unkontrollierbare Kettenreaktion! Die Dinomaskerade wurde heruntergezerrt, eine hasserfüllte Langhaarkatzenfratze mit leimiger Dutt-Frisur kam zum Vorschein. Sie zog ihre blau lackierten Krallen quer durchs Gesicht ihres Gegenübers und betrachtete voll Genugtuung das rot hervorquellende Blut. Der Verletzte schlug erbarmungslos zurück, rempelte weitere Partygängerinnen an. Dies wurde sogleich als Angriff gewertet. Vergeltungsschlag, prompter Rundumschwinger traf weitere Unbeteiligte, Chaos brach aus. Die Opfer begannen zu attackieren, forderten weitere Opfer, die wiederum zur Tat schritten.

Binnen weniger Sekunden eskalierte ein Kampf um Leben und Tod. Fetzen flogen durch die Waldidylle, heruntergerissene, zerfledderte Verkleidungen, rausgerupfte Fellbüschel, ausgeschlagene Zähne. Überall Katzen! Alarmstufe rot für Ratte. Flucht oder Kampf? Er entschied sich für Tanz! Die Swingband spielte euphorisch mitten im zügellosen Mob ein Sabotage-Konzert, dessen Beats Ratte beflügelten zu choreographischer Charlston-Akrobatik. Sabotage auf der richtigen Seite, die Band hielt zu ihm.
We've been playing it nice for all these years
Stickin' to the rules even though the end is near
But Mr Fossil Capital won't do what it takes
You better start right now or we'll have to raise the stakes
sabotage...
sabotage...
sabotage...
(Übersetzung: Wir haben uns all die Jahre gut benommen, Halten uns an die Regeln, obwohl das Ende naht, Aber Mr Fossil Capital wird nicht tun, was nötig ist, Du fängst besser gleich an oder wir müssen die Einsätze erhöhen, Sabotage…Sabotage...Sabotage...) Sabotage, A-Seite Sabotage, Cats and Dinosaurs
Ratte tat Bocksprünge über Katzenbuckel, drehte Pirouetten vor Reisszähnen, tänzelte eingehakt im Kreis, duckte sich weg und flutschte erschöpft an fremder Kralle durch Hinterläufe. Er war entkommen.
Doch weit kam er nicht. Der Fressalientisch! Was sprach dagegen, sich heimlich eine Henkersmahlzeit zu gönnen? „Man muss feste feiern und fallen,“ phlegmatisch nickend stopfte er sich Unmengen KultiFit Smack-Up-Kaustangen mit Cat-Scratch-Fever Beer hinein. Die Mischung quoll in seinem Magen auf, überfressen ließ er sich plumpsen. Er hatte keine Power mehr, die Speisen nährten gefährliche Gleichgültigkeit, machten träge. „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Qual“, quäkte er. Es verließ ihn das Bewusstsein, zu groß war die Anstrengung, zu voll der Bauch.
Du är döden, du är livet Den stora finalen, det första klivet Din aska är den bästa jorden Där kommer kärleken växa igen Apokalypsen, min vän Ge mig dina hetaste lågor Jag vill svepas iväg av dina vågor Apokalypsen, min vän
(Übersetzung: Du bist der Tod, du bist das Leben, Das große Finale, der erste Schritt, Deine Asche ist der beste Boden, Dort wird die Liebe wieder wachsen, Die Apokalypse, mein Freund, Gib mir deine heißesten Flammen, Ich möchte von deinen Wellen mitgerissen werden, Apokalypse, mein Freund) Apokalyso, B-Seite Sabotage, Cats and Dinosaurs
Die Stimmung im umgebauten Schulbus war wie ausgewechselt, seitdem Hamster die rosarote Vinyl von Cats and Dinosaurs auf den Plattenteller der Soundmaschine gelegt hatte. Hamster und Opi waren lustig, fast wie zwei Freundinnen. Rattes Stief-Oma Opi sang fröhlichschief zum Calypso-Swing, denn sie kannte alle Texte und Akkorde vom Lyric Sheet auswendig. Diese Musik wollte nicht nur gehört, sondern erlebt werden! Hamster vermisste zwar Ratte extrem, doch die freudige Musik machte sie leicht.
Die zwei bemerkten vor lauter guter Emotion gar nicht, wie des Opossums Kamikaze-Fahrstil sie auf einen holprigen Waldweg führte. „He! Pass doch auf, Opi!“, meckerte Hamster das alte Opossum in der blauen Arbeitslatzhose an, als der Bus schunkelnd durch ein Schlagloch bumste und die Nadel mehrfach über das Vinyl hopste. Doch statt vorsichtiger zu fahren, machte Opi eine abrupte Vollbremsung, die Nadel kratze laut krachend quer übers Vinyl. „Sorry, muss sein!“, rief sie und setzte fort: “Ich bin zwar völlig altersblind, aber ich schätze, am Wegesrand liegt ein Mofa.“ Sie blickten in das schummrige Licht des Waldes. „Huch, das ist Rattes Babetta!“, rief Hamster und war mit einem Satz aus dem Bus gesprungen.
Da hörte sie den Swing-Sound durchsetzt vom Geschrei der Prügelei. Vorsichtig pirschte sich Hamster an das seltsame Fest heran. „Das ist das neue Spiel, es heißt: Alle gegen alle“, stellte sie kopfschüttelnd fest.
Plötzlich bemerkte sie den zu klein geratenen Tyrannosaurus Rex, der etwas abseits allein vorm Buffet lag. Plumper Körper, merkwürdig saurierfremde Borsten, rosige Schnauze mit zwei Löchern. „Faktisch ein Schweinosaurus,“ sagte Hamster grinsend. Ein zweiter Schwanz plus der Zipfel eines grünen Mantels schauten aus der rosa Dinohülle heraus. „Das sind doch Rattenlatscher!“, entfuhr es Hamster, als sie die nackten, krummen Rattenpfötchen unter dem Mummenschanz hervorlugen sah. Ohne lange zu überlegen tapste sie zum Buffetbereich. „Hey, ho, let’s go!“, weckte sie Ratte unsanft.
Misstrauisch schauten die ersten Katzen zu ihnen herüber, als Rattes Hirn schaltete und er sich stöhnend erhob. Gehetzt eilten sie durch die Bäume, das Faschingskostüm zerriss, die Tarnung war passé. Als Beutetiere entlarvt, stifteten sie unfreiwillig Frieden im Krieg, ein Lynchmob formierte sich und die neue Allianz machte Jagd auf sie.
Da tauchte zwischen den Bäumen rettendes Scheinwerferlicht auf, ein Motor brummte. Im gelben Schulbus saß die betagte Beutelratte fahrbereit am Steuer des Fluchtfahrzeugs. Hamster und Ratte stürzten in den Oldtimer, die Türen schlossen sich zischend und Opi fuhr mit Vollgas ab. Im Spiegel tauchten im rötlichen Schein der Rückleuchten wilde Gestalten auf, die vergeblich versuchten, Rattes Mofa zu starten.
Leise hörten sie die letzten Musikfetzen im Dunkeln hinter sich verklingen:
„…Det är renovräkningsdags idag, Ert omräde har verkligen potential, Om vi fär hit ett helt annat klientell…“ (Übersetzung: ...Heute ist Renovierungszeit, Ihr Gebiet hat echtes Potential, Wenn wir eine ganz andere Klientel anlocken…) Renovräkningsdags, B-Seite Sabotage, Cats and Dinosaurs
Die Lichter des Busses streiften über graues Gestrüpp am Strassenrand, der dürre Sichelmond glitt an ihren Fenstern vorüber, schien bleich durch kahle Äste voll verstohlener Knospen, als sie abgekämpft in die Nacht hinaus fuhren.
Wie der Roadtrip weitergeht und wer die nächste Folge illustriert, erfährst du mit frischem Soundtrack, wenn es wieder heißt: Hamster und Ratte hören gerne Platte!
Hier kommt, wie versprochen, die Lösung für die beiden mega bekannten Punk-Songzitate:
Songzitat 1: „Das ist das neue Spiel, es heißt: Alle gegen alle“* Slime – Alle gegen alle
Songzitat 2:„Hey, ho, let’s go!“** Ramones – Blitzkrieg Bop
Das Album von Cats and Dinosaurs kaufen kannst du hier.
Video: Cats and Dinosaurs – Macht kaputt, was euch kaputt macht
Entertainment
Diversity Dive #12 – Einfach machen! She-Punks von 1977 bis Heute

Aus dem Kinosaal noch schnell an den Rechner, um euch ein paar Zeilen zu diesem Film zu schreiben. Es geht um den Dokumentarfilm „Einfach machen! She-Punks von 1977 bis heute“. Am 23.04. fand im Kölner Odeon in Zusammenarbeit mit dem Haus des Dokumentarfilms die DOK Premiere von „Einfach machen“ statt. Unter Regie von Reto Caduff zeigt der Film die She-Punks der 1970er und ihre Selbstermächtigung in der Punk Szene.
Dass in den 1970ern der Punk von England ausgehend auch im deutschsprachigen Raum Gehör fand und sich die Szene in Deutschland, aber auch in der Schweiz ausbreitetet, muss ich euch nicht erzählen. Und natürlich war und ist auch die Punk-Szene von Männern dominiert. Zugleich bot sich der Punk natürlich an, um sich über Rollen- und Geschlechterklischees hinwegzusetzten, auch das ist bekannt. Wozu dann ein Film? Sichtbarkeit! Und sichtbar werden hier vor allem Bands wie Östro 430, Mania D, bzw. später Malaria! und die Zürcher She-Punks Kleenex, später Liliput, noch später EinsZweiDrei.
Der Film ist nicht nur eine Rückschau, ein „Schau wie schön und toll es damals war, trotz all der Schwierigkeiten“. Kein „Schau die diese Vorreiterinnen an, was sie für uns getan haben“. Keine Kommentarsammlung von Männern, die heute das Damals feiern. Wäre das nicht auch nur eine Abwandlung des mansplaining? Keine Ahnung. Im Film feiern Frauen sich selbst und, und das ist meiner Meinung nach das beste an dem ganzen Film, er zeigt auch ihr heutiges Schaffen. Wer rechnen kann, weiß, dass die Protagonistinnen von damals heute 60+ sein müssten, aber das ist kein Grund keine Musik mehr zu machen.
Ja, es gibt sie immer noch und Frauen Ü60 können immer noch auf Bühnen stehen und Punk machen und das ist dann mal richtig Punk. Das feier ich total und das ist der Grund, weshalb ihr ab dem 1.5. 2025 unbedingt ins Kino gehen solltet, um euch den Film „Einfach machen! She-Punks von 1977“ bis heute anzuschauen.

Bei der Premiere gab’s im Anschluss noch einen kurzen Talk mit der Produzentin des Films Melina Fessmann und Fragen aus dem Publikum. Warum stellten eigentlich nur Männer Fragen, frage ich mich? Und warum lachten (so hörte es sich zumindest für mich an) an manchen Stellen des Films, wenn festgestellt wurde, dass die Zusammenarbeit mit Frauen in einer Band irgendwie entspannter ist, eigentlich vorwiegend Frauen? Fragen, die ich mal im Raum stehen lasse zum Abholen und drüber Nachdenken.
Entertainment
Vinylsünde – mit Hendrik von Drei Meter Feldweg

Im Rahmen der Veröffentlichung des neuen Drei Meter Feldweg – Album „Gut Holz“ hat Hendrik es sich nicht nehmen lassen als leidenschaftlicher Schallplattensammler einen Beitrag für unsere „Vinylsünde“ zu schreiben. Was genau er für uns und euch ausgesucht hat und warum es seine Vinylsünde ist, erfahrt ihr in seinem Beitrag:
Als ich meine Plattensammlung durchforstet habe, geriet dieses interessante Exemplar in meine Hände. Warum es da zwischen lauter guter Musik steht, hat sich mir erst einmal nicht erschlossen. Wo es herkommt, hingegen schon:
In meiner Kindheit lief auf unserer Stereoanlage alles, was mir und meiner Schwester in die Finger fiel – völlig wahllos und ohne Rücksicht auf Verluste.
„Lieder, die die Welt nicht braucht“ von Die Doofen war vermutlich das erste Album, das wir textsicher mitsingen konnten.
Mein Onkel hatte irgendwann „Le Frisur“ von Die Ärzte bei uns liegen lassen, womit ausgerechnet dieses absurde Album meine ersten Berührungspunkte mit meiner späteren Lieblingsband schuf. Und dann gab es noch Klaus & Klaus. „Da steht ein Pferd aufm Flur“, „Melkmaschin kaputt“, „An der Nordseeküste“… Diese Songs liefen rauf und runter, und niemand hinderte uns daran, unseren Musikgeschmack nachhaltig zu ruinieren. Aber: Ich erinnere mich sehr gerne an diese Zeit zurück – ein Stück Kindheit und schöne Erlebnisse mit meiner Schwester, wenn auch mit verstörendem Soundtrack. Vermutlich habe ich mir die Platte deswegen irgendwann gekrallt und neben Beatles oder Status Quo eingesammelt, als meine Eltern ihre Platten loswerden wollten. Als ich hier zum Thema „Vinylsünde“ was dazu schreiben wollte, hab ich sie noch mal aufgelegt.
Also: Ich würde sie mir heute wohl nicht nochmal kaufen. Der Aufmacher ist natürlich noch schmissiger, schräger Kult: „Klingelingeling hier kommt der Eiermann!“. Aber danach folgen Torfrock-Cover, die der kleine Klaus zweitverwerten wollte, einige Gedichte und irgendein akustischer Wildwuchs, der nicht wirklich dazu einlädt, am Ball zu bleiben. Stempeln wir es als Kindheitserinnerung ab.
Vielen Dank an dieser Stelle an Hendrik, für deine Vinylsünde: Klaus & Klaus „Ach Du dickes Ei“.
Mehr zu „Gut Holz“ von Drei Meter Feldweg demnächst auch auf www.vinyl-keks.eu!
Zu erwerben ist „Gut Holz“ direkt bei der Band!
Entertainment
Nava Calma – The Full Weight Of Everything

Im Video zu Nava Calma’s Song „A Last Hurrah For The Bedlam“ ist es gut zu sehen. Ein letztes Hurra für das Chaos in form einer Beerdigung bei lebendigem Leib. Eine schreckliche Vorstellung, lebendig begraben zu werden. Grauen und Gegenwehr! Oder doch nicht? Ja, nicht aus der Perspektive eines Saatkorns. Es wurde möglicherweise begraben und vergessen, aber in Wahrheit wurde es gepflanzt und erwartet.
Bei dem Album „The Full Weight of Everything“ von Nava Calma auf Kassette ist es so. Jetzt im Frühling ist genau die richtige Zeit, um es aus seinem Tiefschlaf aus der Erde zu befreien, wo es seit Sommer 2024 geruht hat. Die Zeit konnte dem Album nichts anhaben, es ist zeitlos.
Die Kassette kommt in auffällig bedruckt mit einem silbergrauem Schlierenmuster und dem Bandnamen Nava Calma in weißen altenglischen Lettern aus dem Boden empor.
Nava Calma sind die Berliner Band um Sängerin Hannah Louve Benedum, die bereits mit Cora Line in Erscheinung getreten ist. Zur vierköpfigen Band gehören weiterhin Eric Pauly, Paula Fot, Philipp Nosko. Den Namen Nava Calma fand ich interessant und habe ihn mal bei Google als deutsche Übersetzung gesucht. Meine Such ergab einen Treffer: Auf Rumänisch bedeutet Nava Calma so viel wie: Ruhiges Schiff / Ruhiges Meer. Das passt auch schon sehr gut zum Musikstil, der auf der Bandpage beschrieben wird.als:
„Post-Rock, Shoegaze, Post-Metal and the ever so ambiguous term “dreamo” (Zitat)
Der erste Song „When It Needlessly Breaks Me“ startet gleich mit einem ruhigen, unheimlichen Sound über den sich die dunkle und geheimnisvolle Stimme von Hannah Louve Benedum legt. Der Rhythmus zieht bald an und der Song verdichtet sich, während die hallende Stimme mit einem Meeresrauschen und abstrakten Klängen wie von einem skizzierten Nebelhorn und Möwenschreien begleitet wird. Es klingt wie der Filmsoundtrack einer Schifffahrt im Nebel, die Lyrics von dem 2,25 Minuten langen Lied sind kurz und prägnant.
„Bring your quiet, I’ll swallow it whole, I breathe you in, Through the motions, Of your rebirth,
I breathe you in“
Der nächste Song begleitet das anfangs erwähnte Beerdigungs-Video „A Last Hurrah For The Bedlam“. Es zeigt Hannah Louve Benedum im weißen Vintagekleid, während sie wieder aus weiter Ferne ihrer Stimme diesen träumerischen, lethargischen Klang gibt und dabei langsam in einem Wald beerdigt wird. Post-Rock Gitarrensounds kreieren einen verschwommenen Klangteppich, der uns das Shoegaze-Feeling vermittelt. Mir kommt Mazy Star in den Sinn, wenn die Tonlage auch dunkler ist.
Auch die folgenden Songs sind allerbestens dazu geeignet, sich treiben und fallen zu lassen, beim betrachten des Cover-Bildes, zum Beispiel.
Ich habe nur eine vage Idee, was die angedeutete schwarz-weiß Fotografie darstellen könnte. Vielleicht zeigt sich darauf eine nackte, menschliche Wirbelsäule im Nackenbereich halb verdeckt unter weißem Stoff mit pflanzlichen Teilen? Rätselhaft.
Die Lyrics sind hauptsächlich in Englisch geschrieben, eine absolute Ausnahme gibt es jedoch mit dem Track „Idhama“, der auf Spanisch von einer männlichen Stimme als Spoken Word vorgetragen wird. Es beschreibt eine Art Hinwendung vor einem Altar, in der die Stimme abschließend die Frage stellt:
„ ¿Quien usando a quien aquí ?“ (Wer benutzt wen?)
Der Track „In Cloak“ startet mit einer Atmosphäre wie in einem Klostergang, zu dem verschwommen eine Art Kirchenchor dringt. Doch schon bald ändert sich die leicht klerikale Athmosphäre, es setzten treibende Drums ein, eine kühle Stimme folgt, an Darkwave erinnernde E-Gitarren kommen hinzu, doch plötzlich verwandelt sich der Gesang in eine verzweifelt und wütend gescreamte, mehrstimmige Performance. Einen Teil des Textes habe ich hier übersetzt:
„Gib mir einen Grund, mich durch das Seil zu nagen, lebendig und atmend gegen alle Widrigkeiten.“
Auch wenn die Musik größtenteils wie ein ruhiger Fluss behäbig dahinströmt, bleiben damit noch längst nicht die Inhalte beruhigend, sondern aufwühlend und emotional. Wir bleiben zurück mit einer tieferen Frage im Hintergrund, deren Antwort wir selbst finden müssen. So bleibt die Musik mehrdeutig wie das Bild auf dem Cover und bietet zwar Möglichkeit zu träumen, aber dennoch zum nachdenklich sein.
Noch eine Sache, die ich persönlich schätze, ist das Engagement der Sängerin Hannah Louve Benedum als Awareness Trainerin im Team bei Safe the Dance, wo sie Künstler*innen, Organisationen und Kulturschaffende zu den Themen Diversität, Inklusion und Safer Spaces berät.
Die auf 50 Stück limitierte, handenumerierte Auflage der Kassette von Nava Calma in „silver & black marbling with splatters“ kannst du hier bestellen.
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