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Chefdenker – Ein Kühlschrank voller Ideen

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Chefdenker - Ein Kühlschrank voller Ideen 1
Neues Album von Chefdenker liegt auf dem Plattenteller. Beim Lesen der mitgeschickten Info fällt mir auf, dass das letzte Album der Kölner Band, welches auf meinem Plattenspieler seine Runden drehte, „Römisch vier“ war. Auch schon 15 Jahre her. Ey, wo ist die Zeit geblieben?
Bin gespannt, welche musikalische Entwicklung Chefdenker in der Zwischenzeit genommen haben, denn drei Alben hab ich zwischenzeitlich verpasst. Hat auch hier die „Broilerisierung“ des deutschsprachigen Punkrocks stattgefunden? Oder hat man die Gitarren gegen Synthies ausgetauscht und spielt 80er Pop, labelt diesen aber als aktuellen Indiepop?

 

Nichts dergleichen, Chefdenker sind so, wie ich sie in Erinnerung habe. Und das, so viel sei vorweggenommen, ist auch gut so. Punkrock mit spielfreudigem Leadgitarristen, das trifft es wohl ganz gut, wobei „Punkrock“ den Rahmen zu eng fasst und „spielfreudig“ bei weiten nicht ausreicht , um das zu beschreiben, was dort auf der Aufnahmespur von Gitarrist Kollege passiert. 

Chefdenker liefern auch auf „Ein Kühlschrank voller Ideen“  konservative Rockmusik, das Grundgerüst ist dabei eben jener Punkrock, aber immer wieder ergänzt durch Hardrock, Hairmetal, Indierock und Pop. Und weitere Musikrichtungen, die ich nicht einordnen kann. 

Und es gibt immer noch drei Dinge, die bei Chefdenker besonders hervorstechen. Da ist zu einem die Kürze der Songs: 19 Songs, 31 Minuten. Album durch. Wenn der Song fertig ist, dann ist er fertig. Auf unnötige Verlängerung wird bewusst verzichtet, sowohl textlich als auch musikalisch.

Womit wir schon beim nächsten Punkt wären: Der typische Chefdenker Sound ist natürlich auch das Unterbringen von scheinbar niemals endenden Gitarrensoli und Melodien in diese kurze Spielzeit. Das Klischee der Luftgitarre, welche man beim Hören des Albums durchgehend schwingt, darf und muss bedient werden, das kann in diesem Fall gar nicht abgeschmackt sein. Wo die bekannten nordeuropäischen Punk- HardRocknRoll-Poser Bands mit ihren schmierigen Melodien aufhören, da fängt The Kollege erst an. Ich stehe da total drauf, auch weil es dann doch schnell wieder vorbei ist.

 

Und dann sind wir auch schon beim nächsten hervorstechenden Merkmal: Die Texte. Claus Lüer bleibt ein hervorragender Alltagsbeobachter, der seine Beobachtungen, auch noch gut in Worte fassen kann. Direkte Worte, keine verschwurbelten Botschaften. Er beobachtet, berichtet, erfindet. Ohne Anklage, ohne Bewertung. Und trotzdem, oder auch gerade deswegen öffnet sich bei manchen Liedern doch auch eine zweite Ebene, bei der sich mir eine Unzufriedenheit über die Gesamtscheiße offenbart.

 

Wie zum Beispiel bei diesem Hit hier: „Schnubbi“. (Kurze Irritation beim ersten Hören. In meiner Gegend sagt man Schnöbbi, nicht Schnubbi. Aber Kölner*innen reden ja eh oft komisch, da kann ich also schnell drüber wegsehen.)

Zuerst als witzigen Song  über Schnauzbärte verstanden, nach mehrmaligen Hören erkennt man aber doch auch eine tragische Ebene. Die Gleichförmigkeit des Lebenslaufs, der dann im plötzlichen Tod endet.

 

 

 

 

Das Fatale an diesem Ohrwurm ist das man den Schnubbi automatisch in immer weitere Situationen bringt: Schnubbi im Biomarkt, Schnubbi auf Mallorca, Schnubbi beim Elternsprechtag…

 

Weiterer toller Song: Schweine im Weltall. Eine Tour durch eben jenes, hinterlässt Chaos und Anarchie, klassischer Chefdenker-Punksong. 

Ansonsten ist die Themenpalette weit gefächert: Bei „Impfen und Würstchen“ geht es ums Impfen, Würstchen (Corona, den Älteren vielleicht noch ein Begriff) und Bier. Seit dem Hören von „Lieblingslied“ weiß ich, welcher Stecker mein Liebster ist ( Klinke, ist klar), und Idioten (m/w/d) an der roten bzw. grünen Ampel werden ab sofort mit dem Text von „Grüner wird’s nicht“ kommentiert.

 

 

Steuern, Eierlikör, Sprachpolizei, wie gesagt, der Alltag liefert die besten Geschichten. Und das sind noch immer nicht alle Themen, an denen sich abgearbeitet wird. Hört am besten selbst, es lohnt sich sehr.

 

Die Schallplatte kommt in einem schicken hellblau, das Cover ist Gatefold und die Texte stehen auf der bedruckten Innenhülle. Diese schöne Ausstattung wurde möglich gemacht durch Trillerfisch Records. Danke dafür. Und da kauft ihr dann am besten auch die Platte, denn das Label gehört wohl irgendwie zur Bandfamilie.

 

 

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Heckspoiler – Live | vinyl-keks.eu

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Heckspoiler - Live 1

Klar, dem Namen bin ich schon mal begegnet. Aber man hat ja dann auch nicht immer für alles Zeit und das ist dann auch meistens die Ausrede. In diesem Fall war und ist es aber wohl eher so, dass mich der Name abgeschreckt hat und ich die daraus resultierende Ignoranz dann mit mangelnder Zeit begründet habe. So kann’s dann halt auch laufen und ja, Heckspoiler klang halt nach ’ner Oi-Band oder was noch Schlimmerem und viel damit eben durch’s Raster. Bis gerade eben und dank dem Umstand, dass ich hier das „Live“-Album der Band aus Ried Im Traunkreis bei Pettenbach in Oberösterreich aufliegen habe, um meinen Senf dazu schreiben zu dürfen.

Und was soll ich sagen? Tja… ich fang mal mit dem Einfachen an: Heckspoiler sind definitiv keine Oi-Band. So viel ist sicher. Ab jetzt wird’s schwer die Band zu beschreiben. (Nur) bewaffnet mit Drums, ’nem Bass und zwei Stimmen machen Thomas Hutterer und Andreas Zelko jedenfalls einen Höllenlärm. Irre ist das und da ist Crust, Punk, Noise, Stoner, Doom, vielleicht so was wie Crossover und an manchen Stellen sogar so ein kleines bisschen Pop rauszuhören. Halt nicht so Pop wie im Radio! Referenzbands? Puh, ist echt hart. Vielleicht Mondo Generator, die mit The Masons für ’nen Sprachkurs nach Österreich fahren?

 

Aber, wem sag ich das. Dem Geschrei nach, das bei zwei Livekonzerten der Band in Wien und beim Heimspiel in Pettenbach logischerweise gleich mit aufgenommen wurde, scheint die Band eh jedem/jeder außer mir ein Begriff zu sein. Oder schafft es die Band mit ihrer Musik und ihrer Ekstase etwa, auch nur wenige Anwesende zu tosendem Applaus zu animieren? Keine Ahnung, weil neu hier. Aber eins wird mir ganz schnell und auch auf Tonträger klar: Heckspoiler scheinen live wirklich alles abzureißen! Damit meine ich, dass dieses Livealbum absolut zu den besseren seiner Art gehört, da es das Feeling von Blut, Schweiß und (Freuden)tränen wirklich sehr gut konserviert hat. Und das sagt übrigens einer, der Livealben meist kritisch gegenübersteht. 

Und dann ist da noch dieser Wortwitz, den die zwei Musiker in ihrem Dialekt zum Besten geben. Das darf man mir jetzt bitte nicht krumm nehmen, aber dadurch klingt die Musik in Summe einfach noch irrwitziger, auch wenn man sich spätestens nördlich des Mains schwer tun dürfte, Heckspoilers Meinung zu allen möglichen gesellschaftlichen und gesellschaftskritischen Themen auch zu verstehen. Ob die da auf „Live“ all ihre Hits drauf haben? Keine Ahnung! Aber für mich klingt’s jedenfalls so. Wahrscheinlich haben die aber eh nur Hits?!

Das Ganze dann auf fettem und grau marmoriertem 180g-Vinyl. Muss so sein und ich denke, eine herkömmliche Schallplatte könnte so viel Heavyness auch gar nicht tragen. Schönes Artwork auf Inside/Out-Cover, toll bedruckte Innenhülle und ein bisschen Bildmaterial, das den Hörgenuss quasi sichtbar macht. Nur 200 Stück hat das verantwortliche Qualitätslabel Noise Appeal Records im Juni herausgebracht. „Für Fans, Sammler*Innen und Liebhaber*Innen ehrlicher, handgemachter Musik“, wie das Label auf dem Promo-Handout schreibt. Bin ich, bin ich und bin ich! Ranhalten, Leute. Heckspoiler rules!

Schaut am besten direkt bei Noise Appeal Records nach eurem Exemplar. Kleiner Tipp am Rande: checkt auch den übrigen Backkatalog des Labels, damit sich die Bestellung auch lohnt. Ihr könnt bei allem bedenkenlos zugreifen!

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Custody / Spells – Split

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Custody / Spells - Split 1

Ich liebe Split-7″es. Entweder kennt man die eine Band schon und die gefällt und idealerweise lernt man noch ’ne weitere geile Band kennen. Oder aber wie in diesem Fall: man lernt gleich zwei neue, bis dato unbekannte Bands kennen. Für Bands selber kann sich daraus der positive Effekt ergeben, dass sie von Menschen wahrgenommen werden, denen sie bisher noch kein Begriff waren, weil sie halt glücklicherweise mit der „richtigen“ Band gesplittet haben. Das geringe Restrisiko das bleibt, kann halt das sein, dass man gegen die Splitpartnerin abstinkt.

Im vorliegenden Fall, der Custody/Spells-Split (bereits im September 2021 veröffentlicht, aber erst jetzt mit einem ganzen Schwall an Platten vom feinen Label Keep It A Secret Records bei uns eingetrudelt) einigen wir uns aber auf ein Unentschieden. Nein, viel besser! Wir haben zwei Siegerinnen! 

Custody aus Finnland eröffnen ihren Song „Into The Great Unknown“ mit einer Cramps-lastig schrägen Gitarrenmelodie, ehe sich der Song in einen (tragisch) melodischen und mit viel Punch vorgetragenen Punksong verwandelt. Samiam kommen mir da in den Sinn. Gewisse Längen – der Song hat tatsächlich 3:50 Minuten auf dem Zähler! – werden durch den eingängigen Refrain wett gemacht. Und wenn man eh nur einen Song präsentieren darf/kann, dann ist doch bisschen länger auch mal ok. Der Song stellt die Vertrauensfrage. Nein, nicht die vom ollen Scholz. Die Vertrauensfrage zwischen zwei Menschen. Und wo Vertrauen herrscht, kann Misstrauen mitunter ums Eck lauern. Aber warum sind wir so, wir Menschen? Gutes Thema für einen Punksong. „Why are you digging my inside? Well, there ain’t too much you can find. You know, I never told you lies. Have I ever told you lies?“ Ich mag den Refrain, ich mag den Song auch textlich. Siegerin Nummer 1: Custody

 

Und wo wir’s gerade davon hatten, dass zumindest Custody dich noch nie angeschwindelt haben: ich hab’s getan. Da oben nämlich, ich geb’s zu. Spells aus Denver/Colorado sind mir in letzter Zeit nämlich wahrlich oft genug über den Weg gelaufen, sind also gar nichts Neues mehr für mich. Aufmerksame Leser*Innen haben meinen Schwindel aber eh schon durchschaut und sich vielleicht sogar meine Reviews zu „Loose Change, Vol. 2“ und „Past Our Prime“ durchgelesen. 

Und doch ist der Schwindel nur ein halber, überraschen mich die Spells mit ihrem Beitrag „Confidence, Baby. Confidence!“ erneut mit einem stilistisch, sagen wir mal, vom bisher Bekannten abweichenden Song. Klar. Punk ist Punk, bleibt Punk und die Spells sind eine Punkband. Dieser Song hier hat allerdings so ein bisschen Touch von der Straße. Bouncing Souls vielleicht. So der Eindruck vom Refrain. Hymnenhaft nennt man das wohl. Text mit Hirn über das Vertrauen. Ha! Schon wieder! Konzept-Split, oder wie? Jedenfalls, was für Custody galt, gilt auch für Spells. Schönes Punksong-Thema, guter Song kührt in Summe die Siegerin Nummer 2: Spells.

 

Veröffentlicht wurde die 7″ anno Dazumal von Brass Neck Records, Shield Recordings, Snappy Little Numbers und hierzulande eben von Keep It A Secret Records, bei denen ich mich an eurer Stelle mal nach einem der auf 500 Stück limitierten, handnummerierten Exemplare erkundigen würde. 

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Żegota – The Demos | vinyl-keks.eu

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Żegota – The Demos 1

Mit „The Demos“ veröffentlichte Refuse Records im März in Europa – zusammen mit Bitter Melody in den USA – eine Platte, die weit mehr ist als eine bloße Archivarbeit. Żegota, Mitte der 1990er in Greensboro, North Carolina gegründet, galt schon damals als eine Ausnahmeerscheinung im Hardcore: kompromisslos politisch, musikalisch eigenwillig, tief verwurzelt in anarchistischen Netzwerken. Dass nun ihre Demotapes von 1997 und 1998 erstmals umfassend auf Vinyl vorliegen, erlaubt eine Rückkehr zu den Anfängen einer Band, die radikale Politik mit musikalischem Experiment verband.

Die Songs sind faszinierende Momentaufnahmen. Die 1997er Aufnahmen strotzen vor ungebändigter Energie, roh produziert, aber voller Dringlichkeit. Gitarrenwände und hektische Rhythmuswechsel erinnern an die Intensität von Catharsis oder His Hero Is Gone, zugleich schimmert ein unorthodoxer, fast post-punkiger Hang zu Experimenten durch. Besonders „Balancing the Equation“ zeigt, wie die Band chaotische Strukturen bewusst einsetzt, um Spannung zu erzeugen. Die 1998er-Demo – B-Seite hingegen klingt fokussierter: „Bike Song oder „$59.95“ besitzen klarere Hooks, der Sound ist definierter, die Wut gezielter kanalisiert. Man hört eine Band, die ihre Mittel gefunden hat, ohne an Radikalität zu verlieren.

Szenepolitisch jedoch entfaltet „The Demos“ seine eigentliche Kraft. Żegota war keine „Karriereband“, sondern Ausdruck einer Bewegung. Der Name verweist auf die polnische Widerstandsorganisation Żegota, die während der NS-Besatzung Juden unterstützte – ein bewusstes politisches Statement. Diese Verbindung historischer Kämpfe mit aktuellen sozialen Bewegungen zieht sich durch ihr Schaffen. Die Texte prangern Konsumzwang, Repression und soziale Ungleichheit an und formulieren gleichzeitig Visionen kollektiven Widerstands. Songs wie „Open Disobedience; Bold Resistance“ sind nicht nur Titel, sondern programmatische Ansagen.

 

 

Dass Refuse Records heute diese Aufnahmen herausbringt, ist selbst ein politischer Akt. Das Label ist seit über 20 Jahren ein Knotenpunkt der europäischen DIY- und Antifaszene. Indem es eine US-Band mit explizit anarchistischem Background veröffentlicht, zeigt sich erneut die transnationale Vernetzung der Szene: North Carolina trifft Warschau, Hausbesetzungsbewegung trifft Plattenlabel, Hardcore wird zum Bindeglied über Kontinente hinweg.

„The Demos“ ist deshalb nicht nur ein Zeitdokument, sondern ein Aufruf. Es erinnert daran, dass Hardcore immer auch eine Praxis war: Räume schaffen, Strukturen aufbauen, Widerstand organisieren. In Zeiten, in denen rechte Politik und autoritäre Tendenzen wieder erstarken, wirken Żegotas frühe Songs erschreckend aktuell. Gleichzeitig inspiriert die Platte, weiterzumachen – sei es im Proberaum, auf der Straße oder bei der Organisation des nächsten DIY-Konzerts.

Kurzum: „The Demos“ ist ein wütender, roher, zugleich aber auch visionärer Blick zurück – und ein Soundtrack für alle, die Hardcore noch immer als politisches Werkzeug verstehen.

Auch wenn ich nicht unbedingt der allergrößte Hardcore-Punk – Fan bin, hatte ich bei dieser Auswahl an Tracks viel Spaß hinzuhören. 
Zu erwerben sind zwei Versionen. Zum einen die mir vorliegende rote und zum anderen eine himmelblaue mit schwarzem Splatter
Viel Spaß beim Hören und Entdecken! 

 

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