Entertainment
Diversitiy Dive #10 – Destroy Boys

Destroy Boys am Sonntag, den 16.02.25, im Club SO36 Berlin
Es ist Sonntagabend und ich frage mich natürlich, wer an einem solchen Tag noch die Power und Energie hat, auf ein Konzert zu gehen. Sehr bald wird klar, dass sich diese Frage für das junge Publikum mit Sicherheit nicht stellt. Der Altersdurchschnitt liegt bei ca. 18 -25 Jahren. Ist dann ja kein Problem, Montag früh zur Schule und da mit dem Kopf auf der Schulbank ausschlafen oder erst später zur Vorlesung, was weiß ich. Auch durchmachen merkt man ja mit 18 kaum, im Gegensatz zu mir mit guten 20 Jahren Altersunterschied und Dauerringen unter den Augen. Arghhh!
Ich bin sicher, dass einige hier auch ein noch jüngeres Alter haben könnten. Spätestens im Gedränge nach draußen höre ich wie ein Silberlocken-Papa in grauer Steppweste etwas pikiert zu seiner Tochter sagt: „Das war ja ganz schön politisch! Also, die Frau von der Linken….!“ Die Tochter schaut leicht genervt und bleibt Papa trotzig die Antwort schuldig. Doch dazu später mehr.
Was sofort auffällt, ist der extrem hohe FLINTA-Anteil im Publikum. Jedenfalls liegt dieser Anteil schätzungsweise bei 70%, würde ich mal behaupten. Das SO36 ist sehr gut gefüllt (ca. 500-550 Personen schätzt jemand der Crew) aber ausverkauft ist es bei 35€ pro Ticket nicht. Veranstaltet wird das Destroy Boys Konzert von Trinity Music.
Wie erwartet treffe ich heute kaum jemanden hier in meinem Alter, außer vielleicht besagte elterliche Begleitung und andere, die hier zu tun haben. Vor uns alten Säcken wird auch später noch ausdrücklich gewarnt: „Vorsicht mit Beziehungen zu wesentlich älteren“, heißt es da von der Bühne. Ja stimmt, Machtgefälle, wir kennen die unschönen Geschichten. Auch das ist eine der vielfältigen Ansagen, die heute Abend die Band Destroy Boys nicht müde wird zu machen. Und das rechtfertigt den Namen der von sich selbst als nonbinary bezeichneten Zerstörer total. Keine Ahnung, ob ich es richtig interpretiere, aber in dem Namen stecken für mich neben der flachen Übersetzung „Zerstört Jungs“ (aufgrund von Beziehungsfrust) auch die „Zerstörerjungs“. Und diese Zerstörerjungs könnten sie aufgrund ihrer gelebten Nonbinarität durchaus selbst sein. Ich sehe die m/w/d-gemischten Bandmitglieder als Spielverderber*innen, die binäre Spielregeln aufbrechen und sich selbst, wie z.B. Sängerin Alexia Roditis mit dem Pronoun She / They, nicht traditionellen Geschlechterrollen unterordnen wollen.
Ich bin heute Abend hier als Zeugin einer sehr politischen Jugend, die sich garantiert nicht bei TikTok vom erigierten Pfeil berieseln lässt und keine Ahnung hat, was sie will. Hier geht’s hochpolitisch zu, das ist mehr als Konsum der Lieblingsband Destroy Boys mit Feelgood-Vibes. Etwas, dass ich diesem superjungen Publikum hoch anrechnen muss.
Sie werden oder wurden gerade eben erst erwachsen in einer Welt, deren freiheitliche Grundordnung durcheinander gebracht oder gleich ganz aufgelöst werden soll. Das wollen und werden sie nicht zulassen. Wo wir uns übermüdet mit dem Kaffeebecher in der Hand durch den Tag schleppen, explodiert der Nachwuchs hier vor Tatkraft. Und wer das gesehen hat, der glaubt wirklich weniger ans Resignieren, Heulen und Zähneklappern, an eine schlechte neue Welt, in die man keine Kinder setzen sollte. Denn genau das Kinderkriegen war wohl eine gute Idee, wenn man die vielen jungen Menschen hier sieht. Die Welt wartet auf sie, die so naiv sind, dass sie die Vision, die Kraft und den Willen haben, sie zu verändern.
Dies junge Publikum will kämpfen und hat nichts zu verlieren, außer die eigene Zukunft. Und das ist viel!
Ja, Punk ist dafür bekannt, politisch zu sein. Aber die Band hier aus Sacramento geht noch einen Step weiter, als Phrasen zu dreschen und Parolen zu rufen. Sie laden tatsächlich eine Politikerin von der Berliner Linken ein, um hier vor diesem Publikum eine kleine Ansprache von 5 Minuten zu halten. Wohlgemerkt nach der Vorband namens GIRLBAND, nämlich als die Aufmerksamkeit am höchsten ist.
Also eine amerikanische Band, die uns sagen will: Leute, engagiert euch und geht wählen? Wir sind es ja schon gewöhnt, dass Südafrika-Canada-US BigBrotherBillionaireBoss Musk uns sagt, welche Parteien wir Europäer*innen wählen sollen. Eine transatlantische Retourkutsche, das können diese Punkrock „Lefties“ aus den USA gut, denn hier kommt: Die Linke!

Die Politikerin kommt auf die Bühne, wie die Workshopleitung von einem Kreativkurs. In bunten Klamotten, dazu bunter Schmuck und spricht zu den ganzen Menschen in Baggy Pants und ’90s Bauchfrei- oder Oversize-Shirts mit Clockwork-Orange-ähnlichen Kajalstrichen unterm Auge. Das ist schon irgendwie krass. Die Linken Politikerin Katalin Gennburg hat sich durchgewurschtelt durch den langen Schlauch des SO36, vollgestopft mit schwitzigen Körpern. Nicht Hinterausgang mit Security Men in Black, sondern ganz banal, wie wir Normalos, mitten durch die Leute: „Darf ich mal durch, sorry, ups, ja danke“, oder wie wir das so machen. Wie ein Rockstar gefeiert erklimmt sie die Bühne, die Partei der jungen Herzen! Der Saal flippt aus. „Acht Prozent, acht Prozent!“, ruft das Publikum und „A-A-Anticapitalista!“ oder „Alerta, Alerta, Antifaschista!“ Sie wollen es so, sie feiern es, auch wenn Gennburg sich nicht als Rockstar sondern als Politikerin sieht.
Weiter geht’s mit einem Rückblick auf die Musik vor der Rede, die hier natürlich nicht fehlen soll, auch wenn Destroy Boys höchst selbst Die Linke angerufen und eingeladen haben zu ihrem Gig. Die Message ist soweit klar, ihr Kekse: Geht wählen!
Als Vorband spielen GIRLBAND aus Nottingham UK, eine Alternative FLINTA-Dreier-Combo mit PoC an den Drums.



Sie spielen ihr Set relativ zügig durch und animieren zwischendurch immer wieder zum Mitsingen. Die Tanzlust des Publikums äußert sich allerdings höchsten in leichten Moves. Das mag daran liegen, dass die Vorband hier bei einigen nicht sonderlich bekannt sein könnte.

Vor dem letztem Song fragt die Sängerin: „Is anyone queer in here?“ Daraufhin gehen sehr viele Arme jubelnd in die Luft. Das Eis ist gebrochen. Der folgende und letzte Song hat ein Coming-Out Thema. Das Publikum lässt sich bei diesem letzten Song zum Mitsingen animieren. Nach 30 Minuten ist die Vorband „Girlband“ durch und das Publikum gut warm gemacht.
Gegen 21:10 Uhr spielen Destroy Boys. Das Publikum hat jetzt definitiv mehr Bock zu tanzen. Der Boden vibriert und wackelt von Anfang an von den springenden Füßen, so sehr habe ich es schon lange nicht mehr im SO36 wackeln gespürt. Der gesamte Saalboden bebt von den Jumps.

Zwischen den Songs kommen immer wieder Ansagen von der Sängerin Alexia in Puncto Barrierefreiheit bei psychischen Problemen oder Übergriffigkeit. Gelebte Awareness von der Bühne aus, sie empfiehlt lieber Pausen zu machen, wenn jemand sich unwohl fühlt und kurz durchatmen muss. Die Bühne nimmt sie ganz ein, auch kniend, liegend oder sitzend. Es gibt Bauchtanz-inspirierte Dance Moves im schwarzen Tellerrock, der bequem und locker fällt und eine typischen, hohen Beinschlitz aufweist. Dazu Sicherheitsnadel 🧷 im Ohr.

Bei der zweiten Gitarristin gibt’s die super tiefe 90‘s Low Waist Jeans mit herausblitzendem Tanga… Die Klamotten sind überhaupt das reinste 90’s-Flashback im Saal. Aber gut, da kommt vielleicht auch nur mir die unangenehme Erinnerung an diese Bellybottom-Low-Waist-Fashion im Winter. Aber auf der Bühne im warmen Scheinwerferlicht ist es ein super Outfit.

Dann kommt Abwechslung in die Platzverteilung auf der Bühne. Sängerin Alexia übernimmt die Gitarre.„Are you really ready to dance, Berlin?“ Bandmitbegründerin und Gitarristin Violet Mayugba übernimmt jetzt das Micro für 2 Songs. Sie zieht ihr Oversize Shirt aus und macht weiter im Bauchfrei-Top. Das Publikum singt mit, die Handys sind gezückt!


Es gibt auch bei der zweiten Gitarre und dem Bass einen kurzen Instrumentenwechsel für einen Song, allerdings nicht untereinander.
Nicht weit von der Bühne steht jemand mit Rollstuhl und ich frage ihn kurz, wie zufrieden er soweit mit der Barrierefreiheit ist. Alles bestens, sagt er. Er sei einfach so vorbeigekommen, ohne sich vorher anzumelden. Das ist genau, was Lilo und Pascal mir in ihrem MusInclusion-Interview als Absicht genannt haben. Barrierefreiheit bedeutet für das SO36, dass eine behinderte Person dort einfach spontan aufschlagen und feiern kann.

„Do we have any trans?“, ruft es von der Bühne. Es gibt Applaus. „Do you love breaking gender norms?“ Ja! Die Band hat das Publikum total abgeholt. Die Party ist in vollem Gange. Es werden Shots auf der Bühne getrunken. Der Becher der Sängerin fliegt ins Publikum, der Becher der Gitarristin wird auf die Bühne geschleudert. Die anderen Bandmitglieder machen jedoch keine Faxen mit ihren Shots. Hauptgetränk ist und bleibt Wasser auf der Bühne.

Es gibt noch eine Mit-Schrei-Animation und einen Non-Binary-Moshpit. Wirklich nahezu der ganze Saal springt am Schluss und mag die Band nicht ziehen lassen. Es wird eine Zugabe verlangt und die sollen sie haben.
Diese Zugabe dauert dann insgesamt 20(!) Minuten und beinhaltet eine wirklich sehr ausführliche und lange, politische Ansprache unter anderem über die vielfältigen Möglichkeiten des Engagements. Diese würden bereits im kleinen Anfangen mit Gesprächen am Küchentisch in der Familie, bei dem man die eigenen Standpunkte darlegt. Aber auch andere Ideen kommen zum Tragen. Auch ihren Haltung zu Palästina darzustellen, hält sie als Amerikanerin für ihre Pflicht. Das Publikum ruft: „Free Palastine!“ Sie spricht sich für die Zwei-Staaten-Lösung aus und sagt gleichzeitig muss es neben Free Palastine auch Free the Hostages heißen, da sie an ihre jüdischen Freund*innen denkt. Dass auch die Ukraine frei sein sollte, darf hier nicht fehlen. Wie das alles passieren soll und welche politische Organisation ihrer Ansicht nach hierfür eine gute Lösung bietet, erfahren wir nicht. Es ist eher eine Aneinanderreihung von hehren Zielen, die kaum verwirklicht werden können in absehbarer Zeit.
Ganz klar spricht Alexia, die während der Rede alleine auf der Bühne steht, sich gegen Cancel Culture aus.

Anschließend liefert sie uns ein musikalisches Solo und begleitet ihren Gesang mit der Gitarre. Es ist ein Song aus Perspektive eines Mädchens aus der amerikanischen Arbeiterklasse, ihre Perspektive.
Zum Abschluss kommen die übrigen Bandmitglieder wieder auf die Bühne und performen einen letzten Song mit der ganzen Band, während Alexia in verrenkter Pose auf dem Boden liegend singt. Die Drum Sticks landen zum Ende im Publikum, die Set Lists werden ins selbige geworfen als Papierknöllchen. Die was ergattert haben strahlen nun besonders glücklich, over and out.
Im Oktober 2025 wird die Kalifornische Band aus Sacramento ihr 10. Jubiläum feiern. Die Band Destroy Boys wurde 2015 von Alexia Roditis und Gitarristin Violet Mayugba im Alter von 15 Jahren als Zwei-Personen-Projekt gegründet. Mittlerweile bringen sie es auf 138k Followers bei Instagram und knapp 50k bei TikTok, spielten mit Offspring, Blink-182, Turnstile und Pierce The Veil. Das letzte Album „Funeral Sountrack #4“ kam im August 2024 bei Hopeless Records raus, das gibt’s zum Beispiel hier bei Coretex.
Entertainment
Diversity Dive #12 – Einfach machen! She-Punks von 1977 bis Heute

Aus dem Kinosaal noch schnell an den Rechner, um euch ein paar Zeilen zu diesem Film zu schreiben. Es geht um den Dokumentarfilm „Einfach machen! She-Punks von 1977 bis heute“. Am 23.04. fand im Kölner Odeon in Zusammenarbeit mit dem Haus des Dokumentarfilms die DOK Premiere von „Einfach machen“ statt. Unter Regie von Reto Caduff zeigt der Film die She-Punks der 1970er und ihre Selbstermächtigung in der Punk Szene.
Dass in den 1970ern der Punk von England ausgehend auch im deutschsprachigen Raum Gehör fand und sich die Szene in Deutschland, aber auch in der Schweiz ausbreitetet, muss ich euch nicht erzählen. Und natürlich war und ist auch die Punk-Szene von Männern dominiert. Zugleich bot sich der Punk natürlich an, um sich über Rollen- und Geschlechterklischees hinwegzusetzten, auch das ist bekannt. Wozu dann ein Film? Sichtbarkeit! Und sichtbar werden hier vor allem Bands wie Östro 430, Mania D, bzw. später Malaria! und die Zürcher She-Punks Kleenex, später Liliput, noch später EinsZweiDrei.
Der Film ist nicht nur eine Rückschau, ein „Schau wie schön und toll es damals war, trotz all der Schwierigkeiten“. Kein „Schau die diese Vorreiterinnen an, was sie für uns getan haben“. Keine Kommentarsammlung von Männern, die heute das Damals feiern. Wäre das nicht auch nur eine Abwandlung des mansplaining? Keine Ahnung. Im Film feiern Frauen sich selbst und, und das ist meiner Meinung nach das beste an dem ganzen Film, er zeigt auch ihr heutiges Schaffen. Wer rechnen kann, weiß, dass die Protagonistinnen von damals heute 60+ sein müssten, aber das ist kein Grund keine Musik mehr zu machen.
Ja, es gibt sie immer noch und Frauen Ü60 können immer noch auf Bühnen stehen und Punk machen und das ist dann mal richtig Punk. Das feier ich total und das ist der Grund, weshalb ihr ab dem 1.5. 2025 unbedingt ins Kino gehen solltet, um euch den Film „Einfach machen! She-Punks von 1977“ bis heute anzuschauen.

Bei der Premiere gab’s im Anschluss noch einen kurzen Talk mit der Produzentin des Films Melina Fessmann und Fragen aus dem Publikum. Warum stellten eigentlich nur Männer Fragen, frage ich mich? Und warum lachten (so hörte es sich zumindest für mich an) an manchen Stellen des Films, wenn festgestellt wurde, dass die Zusammenarbeit mit Frauen in einer Band irgendwie entspannter ist, eigentlich vorwiegend Frauen? Fragen, die ich mal im Raum stehen lasse zum Abholen und drüber Nachdenken.
Entertainment
Vinylsünde – mit Hendrik von Drei Meter Feldweg

Im Rahmen der Veröffentlichung des neuen Drei Meter Feldweg – Album „Gut Holz“ hat Hendrik es sich nicht nehmen lassen als leidenschaftlicher Schallplattensammler einen Beitrag für unsere „Vinylsünde“ zu schreiben. Was genau er für uns und euch ausgesucht hat und warum es seine Vinylsünde ist, erfahrt ihr in seinem Beitrag:
Als ich meine Plattensammlung durchforstet habe, geriet dieses interessante Exemplar in meine Hände. Warum es da zwischen lauter guter Musik steht, hat sich mir erst einmal nicht erschlossen. Wo es herkommt, hingegen schon:
In meiner Kindheit lief auf unserer Stereoanlage alles, was mir und meiner Schwester in die Finger fiel – völlig wahllos und ohne Rücksicht auf Verluste.
„Lieder, die die Welt nicht braucht“ von Die Doofen war vermutlich das erste Album, das wir textsicher mitsingen konnten.
Mein Onkel hatte irgendwann „Le Frisur“ von Die Ärzte bei uns liegen lassen, womit ausgerechnet dieses absurde Album meine ersten Berührungspunkte mit meiner späteren Lieblingsband schuf. Und dann gab es noch Klaus & Klaus. „Da steht ein Pferd aufm Flur“, „Melkmaschin kaputt“, „An der Nordseeküste“… Diese Songs liefen rauf und runter, und niemand hinderte uns daran, unseren Musikgeschmack nachhaltig zu ruinieren. Aber: Ich erinnere mich sehr gerne an diese Zeit zurück – ein Stück Kindheit und schöne Erlebnisse mit meiner Schwester, wenn auch mit verstörendem Soundtrack. Vermutlich habe ich mir die Platte deswegen irgendwann gekrallt und neben Beatles oder Status Quo eingesammelt, als meine Eltern ihre Platten loswerden wollten. Als ich hier zum Thema „Vinylsünde“ was dazu schreiben wollte, hab ich sie noch mal aufgelegt.
Also: Ich würde sie mir heute wohl nicht nochmal kaufen. Der Aufmacher ist natürlich noch schmissiger, schräger Kult: „Klingelingeling hier kommt der Eiermann!“. Aber danach folgen Torfrock-Cover, die der kleine Klaus zweitverwerten wollte, einige Gedichte und irgendein akustischer Wildwuchs, der nicht wirklich dazu einlädt, am Ball zu bleiben. Stempeln wir es als Kindheitserinnerung ab.
Vielen Dank an dieser Stelle an Hendrik, für deine Vinylsünde: Klaus & Klaus „Ach Du dickes Ei“.
Mehr zu „Gut Holz“ von Drei Meter Feldweg demnächst auch auf www.vinyl-keks.eu!
Zu erwerben ist „Gut Holz“ direkt bei der Band!
Entertainment
Nava Calma – The Full Weight Of Everything

Im Video zu Nava Calma’s Song „A Last Hurrah For The Bedlam“ ist es gut zu sehen. Ein letztes Hurra für das Chaos in form einer Beerdigung bei lebendigem Leib. Eine schreckliche Vorstellung, lebendig begraben zu werden. Grauen und Gegenwehr! Oder doch nicht? Ja, nicht aus der Perspektive eines Saatkorns. Es wurde möglicherweise begraben und vergessen, aber in Wahrheit wurde es gepflanzt und erwartet.
Bei dem Album „The Full Weight of Everything“ von Nava Calma auf Kassette ist es so. Jetzt im Frühling ist genau die richtige Zeit, um es aus seinem Tiefschlaf aus der Erde zu befreien, wo es seit Sommer 2024 geruht hat. Die Zeit konnte dem Album nichts anhaben, es ist zeitlos.
Die Kassette kommt in auffällig bedruckt mit einem silbergrauem Schlierenmuster und dem Bandnamen Nava Calma in weißen altenglischen Lettern aus dem Boden empor.
Nava Calma sind die Berliner Band um Sängerin Hannah Louve Benedum, die bereits mit Cora Line in Erscheinung getreten ist. Zur vierköpfigen Band gehören weiterhin Eric Pauly, Paula Fot, Philipp Nosko. Den Namen Nava Calma fand ich interessant und habe ihn mal bei Google als deutsche Übersetzung gesucht. Meine Such ergab einen Treffer: Auf Rumänisch bedeutet Nava Calma so viel wie: Ruhiges Schiff / Ruhiges Meer. Das passt auch schon sehr gut zum Musikstil, der auf der Bandpage beschrieben wird.als:
„Post-Rock, Shoegaze, Post-Metal and the ever so ambiguous term “dreamo” (Zitat)
Der erste Song „When It Needlessly Breaks Me“ startet gleich mit einem ruhigen, unheimlichen Sound über den sich die dunkle und geheimnisvolle Stimme von Hannah Louve Benedum legt. Der Rhythmus zieht bald an und der Song verdichtet sich, während die hallende Stimme mit einem Meeresrauschen und abstrakten Klängen wie von einem skizzierten Nebelhorn und Möwenschreien begleitet wird. Es klingt wie der Filmsoundtrack einer Schifffahrt im Nebel, die Lyrics von dem 2,25 Minuten langen Lied sind kurz und prägnant.
„Bring your quiet, I’ll swallow it whole, I breathe you in, Through the motions, Of your rebirth,
I breathe you in“
Der nächste Song begleitet das anfangs erwähnte Beerdigungs-Video „A Last Hurrah For The Bedlam“. Es zeigt Hannah Louve Benedum im weißen Vintagekleid, während sie wieder aus weiter Ferne ihrer Stimme diesen träumerischen, lethargischen Klang gibt und dabei langsam in einem Wald beerdigt wird. Post-Rock Gitarrensounds kreieren einen verschwommenen Klangteppich, der uns das Shoegaze-Feeling vermittelt. Mir kommt Mazy Star in den Sinn, wenn die Tonlage auch dunkler ist.
Auch die folgenden Songs sind allerbestens dazu geeignet, sich treiben und fallen zu lassen, beim betrachten des Cover-Bildes, zum Beispiel.
Ich habe nur eine vage Idee, was die angedeutete schwarz-weiß Fotografie darstellen könnte. Vielleicht zeigt sich darauf eine nackte, menschliche Wirbelsäule im Nackenbereich halb verdeckt unter weißem Stoff mit pflanzlichen Teilen? Rätselhaft.
Die Lyrics sind hauptsächlich in Englisch geschrieben, eine absolute Ausnahme gibt es jedoch mit dem Track „Idhama“, der auf Spanisch von einer männlichen Stimme als Spoken Word vorgetragen wird. Es beschreibt eine Art Hinwendung vor einem Altar, in der die Stimme abschließend die Frage stellt:
„ ¿Quien usando a quien aquí ?“ (Wer benutzt wen?)
Der Track „In Cloak“ startet mit einer Atmosphäre wie in einem Klostergang, zu dem verschwommen eine Art Kirchenchor dringt. Doch schon bald ändert sich die leicht klerikale Athmosphäre, es setzten treibende Drums ein, eine kühle Stimme folgt, an Darkwave erinnernde E-Gitarren kommen hinzu, doch plötzlich verwandelt sich der Gesang in eine verzweifelt und wütend gescreamte, mehrstimmige Performance. Einen Teil des Textes habe ich hier übersetzt:
„Gib mir einen Grund, mich durch das Seil zu nagen, lebendig und atmend gegen alle Widrigkeiten.“
Auch wenn die Musik größtenteils wie ein ruhiger Fluss behäbig dahinströmt, bleiben damit noch längst nicht die Inhalte beruhigend, sondern aufwühlend und emotional. Wir bleiben zurück mit einer tieferen Frage im Hintergrund, deren Antwort wir selbst finden müssen. So bleibt die Musik mehrdeutig wie das Bild auf dem Cover und bietet zwar Möglichkeit zu träumen, aber dennoch zum nachdenklich sein.
Noch eine Sache, die ich persönlich schätze, ist das Engagement der Sängerin Hannah Louve Benedum als Awareness Trainerin im Team bei Safe the Dance, wo sie Künstler*innen, Organisationen und Kulturschaffende zu den Themen Diversität, Inklusion und Safer Spaces berät.
Die auf 50 Stück limitierte, handenumerierte Auflage der Kassette von Nava Calma in „silver & black marbling with splatters“ kannst du hier bestellen.
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