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Nazi-Täter und Widerstandskämpfer als Väter: Zwei Freundinnen im Interview

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Portrait Barbara Brix (braune Haare) und Yvonne Cossu-Alba (graue Haare) 






Dieses Interview erschien zuerst im April 2024. Anlässlich von 80 Jahren Kriegsende veröffentlichen wir es an dieser Stelle erneut. 

Frau Brix, Sie sind die Tochter eines deutschen Nazi-Täters, und Sie, Madame Cossu Alba, die eines französischen Résistance-Kämpfers. Wie haben Sie einander kennengelernt?
Brix: Ein Freund und ich waren 2014 in die KZ-Gedenkstätte Neuengamme in Hamburg eingeladen, um erstmals öffentlich über unsere Familiengeschichten zu sprechen. Im Publikum saßen ehemalige Häftlinge sowie deren Kinder und Enkel. Sie können sich denken, wie aufgeregt ich war. Nach unserem Vortrag trat tiefes Schweigen ein. Gefühlt nach einer Ewigkeit stand ein älterer Herr auf, Sohn eines Résistance-Kämpfers, der im KZ Neuengamme ermordet worden war. Er sagte: Zum ersten Mal sei ihm klar geworden, dass auch die Kinder der Täter eine Last tragen. So wie die Kinder der Résistance nicht automatisch Helden seien, weil ihre Väter Helden waren – genauso seien die Kinder der Täter keine Schuldigen, weil ihre Väter schuldig sind. Das war sehr befreiend. 

Cossu Alba: Der Mann war ein Freund von mir, Jean-Michel Gaussot. Im darauffolgenden Jahr konnte er nicht selbst nach Neuengamme kommen, also fuhr ich hin. Und traf Barbara. Mein erster Eindruck war, dass wir bereits Freundinnen waren. 

Was schätzen Sie aneinander?
Brix: Ich mag an Yvonne, dass sie so französisch ist. Ihr Temperament, ihre wache Art. Unsere politischen Einstellungen sind ähnlich.

Cossu Alba: Barbara hat eine französische Seite, die ich an anderen Deutschen selten sehe. Sie ist spontan, redet offen, sie zeigt, was sie fühlt.

Haben Sie ein Lieblingsthema?
Cossu Alba: Essen, Wein und Politik. Derzeit erinnert uns die gesellschaftspolitische Situation an die Zeit unserer Väter in den 1930er- und 40er-Jahren. Da kehrt vieles zurück, so empfinden wir das.