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Westjordanland – Den Boden bereiten
Rechtsgerichtete israelische Siedler werfen Steine auf palästinensische Dorfbewohner bei einem Angriff auf das Dorf Turmusaya im besetzten Westjordanland.
Foto: dpa/Ilia Yefimovich
Die Angreifer kamen, als Brahim Hamaiel gerade einem Team der britischen BBC die Überreste seines Olivenhains in der Nähe von Ramallah zeigte. Auf den Bildern der Journalisten ist zu sehen, wie sich von einem nahen Siedlungsaußenposten aus maskierte Männer nähern, Büsche und in der Sommerhitze verdorrte Sträucher in Brand stecken. Schnell eilen palästinensische Nachbarn zur Hilfe oder versuchen es zumindest. Irgendwann geht die israelische Armee dazwischen, vertreibt die Siedler.
Festgenommen wird an diesem Tag niemand. Das sei eigentlich immer bei solchen Angriffen so, sagen die israelischen Menschenrechtsorganisationen B’Tselem und Peace Now übereinstimmend. 2024 seien gut 100 Siedlercamps im Westjordanland entstanden, die auch als Siedlungsaußenposten bezeichnet werden: Gruppen junger Israelis schlagen einfach ungefragt irgendwo auf einem Hügel ihre Zelte auf und beanspruchen das Land, das sich so gut wie immer in palästinensischem Privatbesitz befindet. In letzter Zeit würden diese Siedler radikaler, gewaltbereiter, die Zahl der Angriffe auf Olivenhaine, auf palästinensische Dörfer habe sich vervielfacht. Nach Angaben des Uno-Büros für humanitäre Angaben (OCHA) wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres allein 149 Palästinenser von israelischen Siedlern getötet; neun Israelis fielen Palästinensern zum Opfer.
Und alle Beobachter sind sich einig: Dass die Siedler recht ungehindert agieren, Täter selten verfolgt werden, liegt nicht allein am Ungleichgewicht zwischen Besatzern und Besetzten. Es habe System. Indem man den Palästinensern das Leben unerträglich macht und ihre Lebensgrundlage zerstört, wollen die Siedlergruppen den Boden bereiten für etwas viel Größeres: die israelische Annexion des völkerrechtswidrig besetzten Westjordanlands.
Anfang September hielt Finanzminister Bezalel Smotrich eine Pressekonferenz ab. Vor einer Karte der Westbank, auf der die sechs größten palästinensischen Städte als isolierte Enklaven erscheinen, erklärte er: »Es ist Zeit, das israelische Staatsgebiet auf Judäa und Samaria auszuweiten, um ein für alle Mal zu verhindern, dass unser kleines Land geteilt wird.« Sein Konzept: »maximales Land, minimale palästinensische Bevölkerung«. Israel solle 82 Prozent des Westjordanlands annektieren, so seine Forderung.
Das Besondere: Smotrich ist nicht einfach nur Finanzminister, sondern auch innerhalb des Verteidigungsministeriums für die Siedlungsverwaltung zuständig. Vor allem aber ist er Chef einer der drei ultrarechten Parteien, die bei der Wahl 2022 als Wahlbündnis »Religiöser Zionismus« beeindruckende 14 von 120 Parlamentssitzen errungen hatten. Da es Regierungschef Benjamin Netanjahu und seinem konservativen Likud an anderen möglichen Koalitionspartnern fehlte, wurden die Ultrarechten an der Regierung beteiligt und bekamen fast jeden Wunsch erfüllt: Smotrich hat Zugriff auf Geld und militärische Ressourcen. Itamar Ben Gvir, der andere Spitzenpolitiker im Bündnis, wurde Minister für innere Sicherheit – auch diese Personalie: speziell.
Denn Ben Gvir fiel über die Jahre immer wieder mit hetzerischen Reden auf, wurde dutzende Male angezeigt und 2007 einmal verurteilt. Als Anwalt verteidigte er leidenschaftlich ultrarechte Israelis, die wegen Gewalttaten gegen Araber angeklagt waren.
Als Minister geht er nun auf volle Konfrontation gegen die Polizeiführung, die gerne schärfer gegen die Siedlerangriffe vorgehen würde, versucht Weisungen zu erteilen, die er dem Gesetz nach eigentlich nicht geben dürfte. Das Ergebnis: Verunsicherung bei den Sicherheitsbehörden. Und ein weitgehend rechtsfreier Raum in großen Teilen des Westjordanlandes.
Denn in den Osloer Verträgen wurde das Gebiet Anfang der Neunzigerjahre aufgeteilt in Gebiete, die vollständig unter palästinensischer Kontrolle stehen, Gebiete unter palästinensischer Verwaltung und israelischer Sicherheitskontrolle und Gebiete unter vollständiger israelischer Kontrolle. Dabei macht der israelische Anteil über 80 Prozent des besetzten Gebietes aus.
Dass die Ultrarechten in der Regierung nun kräftig Dampf machen, hat vor allem einen Grund: Ihre Zeit an der Macht hat ein klar definiertes Ablaufdatum. Spätestens im Herbst 2026 wird in Israel ein neues Parlament gewählt. Und es ist extrem unwahrscheinlich, dass es danach noch einmal für eine Regierungsbeteiligung reichen wird, selbst wenn Netanjahus Likud erneut die größte Fraktion stellen sollte.
»Es ist Zeit, das israelische Staatsgebiet auf Judäa und Samaria auszuweiten.«
Bezalel Smotrich Finanzminister
Gleichzeitig hat das Massaker im Süden Israels am 7. Oktober 2023 nicht nur den Boden für den Gaza-Krieg geschaffen, sondern auch das Narrativ geliefert, auf dem Smotrich und Ben Gvir nun ihre Forderungen nach mehr Siedlungsbau und einer Annexion von Westjordanland und Gazastreifen aufbauen. Traditionell war es die Zugehörigkeit der West Bank zum biblischen gelobten Land, die die ideologische Basis der Ultrarechten lieferte. Die ersten Siedlungen waren nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 unter Führung der Arbeitspartei gebaut worden, um ein Bollwerk gegen einen möglichen Vormarsch der arabischen Armeen von Jordanien aus zu schaffen. Gleichzeitig brach unter den damals noch dominierenden Sozialdemokraten eine Debatte darüber aus, was man eigentlich mit den besetzten Gebieten anfangen soll. Für die israelische Rechte hingegen war die Antwort schon damals klar: Man zeigte auf das Alte Testament und sagte, da stehe doch drin, dass das Westjordanland den Juden zustehe. Deshalb müsse man es behalten und besiedeln.
Heute ist das Westjordanland von hunderten mit Genehmigung verschiedener israelischer Regierungen gebauten und noch viel mehr von ungenehmigten Siedlungen übersät. Hunderttausende Israelis leben jenseits der grünen Linie, die meisten davon in grenznahen Blöcken, die nahtlos ins israelische Staatsgebiet übergehen. Günstiger Wohnraum und eine trotzdem recht gut ausgebaute Infrastruktur sind der Hauptgrund dafür, dort hinzuziehen.
Für die Basis der »Religiösen Zionisten« hingegen sind die Hügel inmitten des Westjordanlands der Hauptanziehungspunkt, denn hier kann man dem Projekt eines unabhängigen palästinensischen Staats am meisten Sand ins Getriebe streuen. Die Camps der Ultrarechten sind strategisch wichtig an Verkehrsadern zwischen palästinensischen Städten oder in der Nähe von Dörfern angeordnet. Natürlich können Landbesitzer versuchen, ihre Rechte vor israelischen Gerichten durchzusetzen. Doch solche Prozesse dauern sehr lange und kosten viel Geld. Denn die Anwälte der Rechten nutzen jede Gelegenheit, um diese Verfahren in die Länge zu ziehen.
Die Siedler agieren dabei stets in kleinen Gruppen, die in keinem von außen erkennbarem Zusammenhang stehen und gleichzeitig doch das gleiche Ziel verfolgen. Noch vor einigen Jahren waren zumindest einige von ihnen gesprächsbereit, erzählten freimütig mit romantischer Verklärung, wie schön es sei, am Traum von Groß-Israel mitzuarbeiten. Auch das hat sich geändert: Man schottet sich ab, redet nicht mehr mit Außenstehenden. Wer sich ihnen nähert, wird oft bedroht.
Der Jescha-Rat, eine einflussreiche Lobbyorganisation der Siedler, versucht derweil, sich von den radikalen Gewalttätern zu distanzieren: Man verurteile jede Form von Provokation, sagt Israel Ganz, der Jescha-Vorsitzende und weist darauf hin, dass es sich bei den Gewalttätern um einen kleinen Bruchteil der Israelis mit Wohnsitz im Westjordanland handele. Gewalt müsse mit aller Härte des Rechtsstaats verfolgt werden.
Doch es sind vor allem Palästinenser, die sich nach Auseinandersetzungen wie jener in der Nähe von Ramallah in Haft wiederfinden, in einer knappen Pressemitteilung als »Terroristen«bezeichnet.
Die Ultrarechten haben in der Regierung aber auch enormen Einfluss auf die israelische Kriegsführung. Das israelische Regierungssystem ist darauf angelegt, dass im Parlament eine Vielzahl von Parteien vertreten ist. Damit wollten die Staatsgründer sicherstellen, dass alle gesellschaftlichen Gruppierungen in der Politik repräsentiert sind. In der Praxis bedeutete das über Jahrzehnte, dass sich die Koalitionspartner gegenseitig moderierten. Denn wenn verschiedene politische Lager zusammen regieren müssen, treffen sie Entscheidungen über die ganz großen Fragen in der Mitte. Dies ist auch der Grund dafür, warum es nicht schon früher zu einem Krieg kam, wie wir ihn nun erleben. Und es ist der Grund dafür, warum es nach den Osloer Verträgen nicht am Verhandlungstisch weiterging: Irgendwer ist immer dagegen.
Nun jedoch gibt es eine Koalition, in der sich die Partner nach rechts ziehen: Netanjahu braucht Ben Gvir und Smotrich, denn niemand sonst will wegen seiner immer noch laufenden Korruptionsprozesse mehr mit ihm koalieren. Und die »Religiösen Zionisten« sind nicht nur strikt dagegen, den Krieg zu beenden. Sie wollen ihn sogar noch härter führen, die Bevölkerung vertreiben.
Auch der Krieg gegen den Iran, der Angriff auf Ziele in Katar, dessen Regierung bis dahin ein wichtiger Unterhändler war, sind nur in dieser Konstellation möglich. Wer und wann auch immer Netanjahus Nachfolge antritt, wird vor der wahrscheinlich größten Aufgabe seit der Staatsgründung stehen: Der Ruf des jüdischen Staates ist ruiniert, die internationalen Partner verprellt. Im Westjordanland werden dann Fakten geschaffen sein. Und von Gaza ist kaum noch etwas übrig.
Außerhalb von Ramallah hat Brahim Hamaiel mittlerweile neue Bäume gepflanzt. Er will auf jeden Fall weitermachen, sich nicht einschüchtern lassen.
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EU-Umweltminister schwächen Klimaziele 2040: CO₂-Reduktion gefährdet
EU verzögert CO₂-Ziele
Rückschlag für den Klimaschutz
Die EU-Umweltminister haben sich auf ein heftiges Wendemanöver beim Klimaschutz geeinigt. Das Ziel, bis 2040 die CO2-Emissionen um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, bleibt zwar formal bestehen. Doch nun soll eine Hintertür, eigentlich ein Scheunentor, eingebaut werden.
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Die EU-Staaten können bis zu 5 Prozent der Reduktionen mittels eines Ablasshandels erledigen – indem sie Klimaschutzprojekte in anderen Ländern finanzieren. Zudem wird der Start des Emissionshandels für den Verkehr und fürs Heizen (ETS2) um ein Jahr auf 2028 verschoben.
Tricksereien bei Klimaprojekten
Was hier gerade passiert, ist eine Art Ausschwemmen von Klimaprojekten. Eins nach dem anderen wird vertagt, verwässert, entschärft. So ist der Ablasshandel wie gemacht für allerlei Tricksereien, die Klimaschutz nur vorgaukeln.
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Mit der Verschiebung von ETS2 wird das ambitionierteste Vorhaben der EU auf die lange Bank geschoben. Ein starker Anreiz sollte entstehen, um auf Elektroautos und Wärmepumpen umzusteigen. Dass es nun erst 2028 damit losgehen soll, ist ein eindeutiges Signal. Es darf bezweifelt werden, dass es bei diesem Termin bleibt.
Ungarn und Polen lehnen den CO₂-Handel ab
Denn Ungarn und Polen wollen eigentlich nicht vor dem Jahr 2030 irgendetwas mit ETS2 zu tun haben. Der slowakische Landwirtschaftsminister Richard Takáč hat gerade sogar das endgültige Aus von ETS2 gefordert, da die Dekarbonisierung nicht funktioniere.
Es liegt nun an Deutschland, ob sich Takáč und andere Klimawandel-Ignoranten durchsetzen. Wenn es Umweltminister Carsten Schneider (SPD) mit dem Klimaschutz noch ernst meint, dann muss er den aktuellen CO2-Preis (55 Euro pro Tonne) nun angemessen hochziehen. Um einen Anreiz für CO2-freies Heizen und E-Mobilität abzusichern.
Und er muss dafür sorgen, dass Menschen mit kleinem Einkommen vom Staat stärker beim Umstieg auf Wärmepumpen und Strom-Autos unterstützt werden. Mit beiden Maßnahmen lässt sich nachweisen, dass Dekarbonisierung doch geht.
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NRW-Gesetz gegen Diskriminierung durch staatliche Stellen
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Verfasst von:
dpa
Ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) soll die rechtliche Stellung Benachteiligter gegenüber staatlichen Einrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen stärken. Der Entwurf enthalte einen Katalog von Diskriminierungsmerkmalen, erläuterte NRW-Gleichstellungsministerin Josefine Paul (Grüne) in Düsseldorf. Demnach soll es allen Landesstellen verboten sein, jemanden etwa aufgrund von antisemitischen oder rassistischen Zuschreibungen, Nationalität, Herkunft, Religion, Geschlecht, Sexualität oder Alter zu diskriminieren.
Der Entwurf wird nun zunächst von Verbänden beraten. Das im schwarz-grünen Koalitionsvertrag angekündigte Gesetz soll in der zweiten Jahreshälfte 2026 in Kraft treten.
NRW will vorangehen
Für kommunale Behörden wird es nicht gelten. „Das Land geht in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich voran“, erläuterte Paul. Als Beispiele nannte sie etwa Schulen, Hochschulen und Finanzämter. NRW sei das erste Flächenland, das eine solche Novelle einführe. Bislang existiere ein LADG nur im Stadtstaat Berlin.
Mit dem Gesetz solle eine Schutzlücke, die bisher bei Diskriminierung durch öffentliche Stellen bestehe, geschlossen werden, sagte Paul. Denn das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz umfasse nur den privatrechtlichen Bereich, unter anderem Fragen des Wohnungsmarktes oder des Arbeitsplatzes in der Privatwirtschaft.
Ein Misstrauensvotum gegen staatliche Stellen sei das nicht, versicherte die Ministerin. Es liege aber auf der Hand, dass es angesichts zunehmender Diskriminierungserfahrungen bundes- wie landesweit weiteren Handlungsbedarf gebe.
Wenn Mädchen im Mathe-Unterricht schlechter benotet werden
Das Gesetzesvorhaben soll Personen stärken, die etwa bei Anträgen oder einer Bewerbung in einer staatlichen Stelle aufgrund persönlicher Merkmale benachteiligt werden. Als weiteres praktisches Beispiel nannte die Ministerin, wenn im Mathematik-Unterricht Mädchen systematisch benachteiligt und schlechter benotet würden.
Aber: „Es reicht nicht, einfach ein diskriminierendes Verhalten zu behaupten“, betonte Paul. Wer bei der entsprechenden staatlichen Stelle eine Diskriminierung beklage, benötige Indizien, die nahelegten, dass es sich tatsächlich um eine Benachteiligung handle. Zwar sei eine erleichterte Beweisführung geplant, allerdings keine Beweislastumkehr. Die betroffenen Beschwerdeführer könnten unterstützt werden durch die 42 Beratungsstellen der Freien Wohlfahrt für Antidiskriminierung in NRW.
Der Gesetzentwurf normiere deutlich, dass Abhilfe vor eventuellen Schadensersatzansprüchen stehe, erklärte Paul. „Erst wenn klar ist, dass diese Abhilfe so nicht möglich oder nicht mehr zumutbar ist, entsteht auch ein möglicher Anspruch auf Schadenersatz.“ Der wiederum richte sich stets gegen das Land, nicht gegen einzelne Behördenmitarbeiter. Die sollen durch Fortbildungen entsprechend sensibilisiert werden.
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