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Chaosbay – Are You Afraid?
Als ich diese Platte zum ersten Mal aufgelegt habe, war es, als würde ich einen musikalischen Vergnügungspark betreten. Das Absenken der Nadel war wie das Absenken der Sicherheitsbügel. Und los ging die Fahrt! Wie in einer Achterbahn, die erst mit sanften Melodien losrollt, mich dann plötzlich in einen Looping aus fetten Riffs katapultiert, nur um mich dann mit melancholischen Breakdowns wieder auf den Boden der Realität zu knallen. Genau so fühlt sich die neuste Platte Are You Afraid? der Berliner Band Chaosbay an. Was zunächst als Geheimtipp begann, hat sich inzwischen zu einer festen Größe innerhalb der deutschen Progressive-Metalcore-Szene entwickelt und mit ihrem zweiten Studioalbum Are You Afraid? legte das deutsche Quartett letztes Jahr noch mal mächtig nach. Kein Wunder also, dass diese Platte inzwischen schon mehrere Runden bei mir gedreht hat und vermutlich noch einige weitere drehen wird.
Wer die Jungs von Chaosbay bereits kennt, weiß, dass sie ihre ganz eigene Art haben, harten Metalcore mit progressiven Elementen zu kombinieren. Die Songs sind nicht nur technisch anspruchsvoll, sondern gleichzeitig auch unfassbar eingängig und blieben mir jedenfalls noch lange im Kopf hängen. Genau das zeichnet die Band aus: Sie schaffen es irgendwie, wilde Taktwechsel und komplexe Gitarrenläufe zu kombinieren und in ihre Songs einzubauen, ohne dass man sich dabei ständig in verkopften Frickelorgien verliert.
Und all das merkt man bereits im Opener. In Are You Afraid? trifft brutale Härte auf cineastische Klangwelten, begleitet von einem Refrain, der sich festsetzt wie Kaugummi auf einer Schuhsohle. Und dabei ist es genau diese Kombination aus epischer Größe und kompromisslosem Druck, die sich durch das ganze Album zieht.
Mein persönliches Highlight der Platte kommt dann schon an Stelle zwei der Titelliste. In Maniac In The Mirror treffen polyrhythmische Drums auf hymnische Melodien und setzen dadurch einen ganz eigenen Kontrast. In Kombination mit dem intensiven Breakdown zum Schluss ist es genau diese Dynamik, welche letztendlich so charakteristisch für dieses Gesamtwerk ist.
Was Chaosbay besonders einzigartig macht, ist die Stimme vom Sänger Jan Listing. Sein Gesang bewegt sich irgendwo zwischen melodischem Klargesang und aggressiven Shouts. Dabei wechselt er immer wieder so mühelos zwischen beiden, dass man sich hin und wieder fragt, ob da nicht doch zwei Leute vorm Mikro stehen. Hörprobe gefällig? Einfach mal in Eye For An Eye reinhören und besonders auf die dynamischen Wechsel achten.
Und als wenn das nicht schon reichen würde, haben sich Chaosbay für einige Tracks gute Features geholt. So beispielsweise in Don’t Kill Me, wo Of Vertue Frontmann Tyler Ennis in perfekter Harmonie unterstützt und dem Song somit einen ganz eigenen Charme gibt. Spannend ist auch der Track Money, wo Chaosbay durch die We Are Pins Sängerin Esjay Jones unterstützt wird. Hier fallen besonders die elektronischen Elemente auf, welche den progressiven Metalcore noch mal erfrischend aufwerten, ohne dass es dabei aufgesetzt wirkt.
Auch soundtechnisch macht das Album echt was her. Jan Listing selbst hat es produziert und gemischt und das Ergebnis lässt sich echt hören. Ein druckvoller, moderner und unglaublich detailverliebter Sound, der gerne laut gehört werden darf. Keines der Instrumente geht unter, jeder Breakdown knallt und die cleanen Passagen klingen so atmosphärisch, dass man schnell mal vergisst, dass es sich hier eigentlich um ein Metalcore-Album handelt.
Am Ende kann man also sagen, Are You Afraid? Ist nicht nur ein weiterer Schritt für Chaosbay – es ist ein Statement. Die Band zeigt, dass sie keine Angst davor hat, neue Wege zu gehen und auch mal die Genregrenzen zu sprengen. Wer auf Metalcore mit Köpfchen steht, sollte diesem Album unbedingt mal eine Chance geben. Veröffentlicht wurde die Platte über Circular Wave und wer mag, findet sein eigenes Exemplar aktuell auf JPC.
PS.: Diesen Sommer sind die Jungs noch in einigen deutschen Städten unterwegs. Tickets und Tourdaten findet ihr auf der Bandwebsite. Nach dem, was ich auf dieser Platte hören durfte, kann ich nur erahnen, wie brutal die Show live vor Ort sein muss!!