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Geburtsurkunde oder Führungszeugnis: Falsche Online-Formulare im Umlauf
Früher war vielleicht alles besser, aber vieles sicherlich nicht so schnell und unkompliziert wie heute. Die Geburtsurkunde für das Neugeborene von der Couch aus beantragen? Kein Problem. Den Antrag fürs Führungszeugnis auf Knopfdruck stellen? Dauert nur wenige Sekunden. Vorausgesetzt man landet auf den offiziellen Internetseiten. Doch leider gibt es Anbieter, die aus eigentlich kostenlosen Vorgängen Profit schlagen möchten.
Das sollte man im Hinterkopf haben, wenn man mal eben „Führungszeugnis online beantragen“ ins Feld einer Suchmaschine eingibt. Denn meistens sind diese Dienstleister ganz oben auf Google gelistet, und die offizielle Internetseite kommt erst an zweiter, dritter oder vierter Stelle. Und leider sind beide oft nicht besonders gut voneinander zu unterscheiden. Meistens erwecken die Dienstleister den Eindruck, als würden sie nicht bloß kostenpflichtige Ausfüllhilfen anbieten oder die Dokumente gegen Geld weiterleiten, sondern direkt zu der entsprechenden Behörde gehören. Deshalb muss man genau hinschauen, sonst bleibt man im schlimmsten Fall auf den Kosten sitzen. So gibt es etwa ein Unternehmen mit Sitz in Dubai, das die Seite dein-rundfunkbeitrag.de betreibt. Es heißt „Digitaler Post Service – FZCO“ und verlangt 39,99 Euro dafür, Informationen an den Rundfunkbeitragsservice weiterzuleiten. Oder die SSS-Software Special Service GmbH, die ebenfalls Geld dafür nimmt und gegen die der Verbraucherzentrale Bundesverband sogar eine Sammelklage gestartet hat. Denn das Unternehmen habe nicht deutlich genug auf die Kosten hingewiesen.
Ähnliches passiert bei Nachsendeaufträgen, die plötzlich mehr als 100 Euro kosten statt 11,50 Euro pro Monat, oder Führungszeugnissen, für die man 13 Euro zahlen soll, dann aber doch nur eine Anleitung für die Beantragung bekommt.
Das alles klingt zwar erst einmal illegal, ist es aber nicht unbedingt: „Grundsätzlich ist es nicht verboten, dass sich Anbieter zwischenschalten, Ausfüllhilfen gegen Geld anbieten oder die Dokumente an die richtigen Stellen weiterleiten. Sie müssen dabei aber transparent vorgehen und offenlegen, welche Aufgaben sie übernehmen und welche nicht“, sagt Juristin Carolin Semmler von der Verbraucherzentrale NRW. Das haben manche Anbieter nicht getan und wurden abgemahnt. Gegen andere dagegen haben die Verbraucherschützer keinerlei Handhabe, weil sie rechtlich gesehen alles richtig gemacht haben. Und was, wenn man auf die hereingefallen ist und zahlen soll? Dann muss man das wohl oder übel so hinnehmen. „Leider haben Betroffene oft nicht die Möglichkeit, ihr Geld zurückzubekommen. Denn teilweise geben die Anbieter auf ihrer Internetseite schon an, welchen Service sie genau anbieten“, sagt Semmler.
Es gibt aber vorbeugende Maßnahmen, an die man sich halten kann. Zunächst sollte man immer die Internetseiten der zuständigen Städte und Gemeinden checken – meistens werden die Formulare dort direkt angeboten. Wenn ein Suchergebnis bei Ecosia, Bing oder Google mit dem Zusatz „Anzeige“ oder „Werbung“ gekennzeichnet ist, studiert man die Seite am besten sehr genau. Oft handelt es sich um Dienstleister, die dafür gezahlt haben, ganz oben gelistet zu sein. Ganz wichtig: „Wer sich bei einer Internetseite unsicher ist, sollte ins Impressum schauen. Dort wird klar, um welchen Anbieter es sich handelt und ob man an der richtigen Adresse gelandet ist“, sagt Semmler. Sollten Gebühren für einen Service verlangt werden, liest man sich besser ganz genau durch, wofür überhaupt. Außerdem kann es helfen, in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu schauen.
Und was, wenn plötzlich eine Rechnung oder Mahnung ins Haus flattert? Im Zweifelsfall: Von den Verbraucherzentralen beraten lassen. Manchmal kommt es vor, dass gegen eine Vorgabe verstoßen oder das Widerrufsrecht nicht richtig umgesetzt wurde.