Am Morgen nach der Messer-Attacke am Hamburger Hauptbahnhof, bei der zahlreiche Menschen verletzt worden sind, fahren Züge wieder im Normalbetrieb – doch die Aufarbeitung der Mordkommission läuft auf Hochtouren und die Anteilnahme ist groß. Ein Polizeigewerkschaftler hat nun klare Forderungen. Er sagt: „Es braucht Entscheidungen – jetzt.“ Was über die Tatverdächtige bekannt ist und welche Zeugen die Polizei sucht.
Auf dem Bahnsteig zwischen den Gleisen 13 und 14 stach eine 39 Jahre alte Frau um 18 Uhr auf wartende Reisende ein; offenbar wahllos, mitten im dichten Gedränge und ohne Hilfe, wie ein Polizeisprecher erklärte. Man gehe davon aus, dass die Frau alleine gehandelt habe. Eine politische Motivation wird ausgeschlossen, vielmehr werde geprüft, in was für einem psychischen Zustand sie sich befunden hatte. Die Frau soll polizeibekannt und bereits früher verhaltensauffällig gewesen sein.
„Solche Attentate sind leider nie 100-prozentig zu verhindern“, so Andreas Roßkopf von der GdP, zuständig für den Bereich Bundespolizei. „Allerdings bedarf es jetzt dringend verstärkte Kontrollmöglichkeiten für die Bundespolizei in und an Bahnhöfen.“ Quattro-Streifen, ein Zusammenschluss von Landes- und Bundespolizei und Sicherheitskräften der Bahn und Hochbahn und bisher nur in Hamburg eingesetzt, müssten deutschlandweit eingesetzt werden. Dazu fehlten der Bundespolizei rund 3500 Kollegen. Es müsse dringend aufgestockt werden, „denn Sicherheit braucht Personal“.
Auch brauche man weiterhin KI-unterstützte Kameratechnik, die auch Verhaltenserkennung beinhalte, damit solche Verhaltensauffälligkeiten im Vorfeld schon erkannt werden könnten, führt Rosskopf weiter aus. In Hamburg wird eine derartige Technik aktuell auf dem Hansaplatz (St. Georg) getestet.
Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für die Bundespolizei (Archivbild)dpa | Bernd von Jutrczenka
Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für die Bundespolizei (Archivbild)
Ob derartige Kamerasysteme in naher Zukunft flächendeckend in Deutschland eingesetzt werden, hängt auch von den Ergebnissen des Testlaufs aus Hamburg ab. Roßkopf betont, dass solch eine Technik mittlerweile unerlässlich sei. Und sagt ganz konkret: „Sicherheit darf keine Frage des Zufalls sein. Es braucht Entscheidungen – jetzt.“
So ist die Lage am Hauptbahnhof
Die Mordkommission räumte in der Nacht auf Samstag den Tatort, nachdem die Spurensicherung abgeschlossen war. Bei der Attacke wurde insgesamt 18 Menschen verletzt, viele schwer, vier davon lebensgefährlich. Ihr Zustand soll noch immer kritisch sein. Nach MOPO-Informationen musste keiner der Verletzten künstlich beatmet werden. Die meisten erlitten tiefe und lange Schnittwunden am Oberkörper und an den Armen, die zu zu großem Blutverlust führten.
Seit dem frühen Morgen fahren die Züge wieder im Normalbetrieb. Eine Bahnsprecherin empfiehlt trotzdem, alle Verbindungen online im Vorweg zu prüfen. Vier Gleise waren über Stunden gesperrt.
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Die Ermittler stellten die Tatwaffe, ein Messer, sicher. Die Frau befindet sich in Gewahrsam und soll im Laufe des Samstages einem Haftrichter vorgeführt werden. Auch ihre psychische Gesundheit wird bei der Entscheidung, ob die Frau eingesperrt bleibt, eine zentrale Rolle spielen. Sie hatte sich am Freitagabend widerstandslos festnehmen lassen.
Darum bittet die Mordkommission
Die Mordkommission sucht nun gezielt Zeugen des Vorfalls, die bislang noch keinen Kontakt zur Polizei hatten – und vor allem auch solche, die Film- oder Fotoaufnahmen gemacht haben. Sie werden gebeten, sich zu melden. Hinweise an: Tel. 040 428 65 6789 oder an jede Wache. Fotos und Videos können über das Hinweisportal hochgeladen werden.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt.picture alliance/dpa
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt.
Der Hamburgische Opferbeauftragte, Arne Dornquast, hat den Betroffenen des Messerangriffs – ob den Verletzten, Zeugen oder Angehörigen – Hilfe zugesichert. Für eine Betreuung seien er und sein Team unter der Tel. 0800 000 7558 zu erreichen.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) verurteilte den Messerangriff: „Es ist schockierend, wenn Reisende hinterhältig und feige attackiert werden“, sagte er. Seine Gedanken seien bei den Opfern. Gleichzeitig dankte er den Polizisten, Rettungskräften und Helfern vor Ort.