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Hook – Pool | vinyl-keks.eu
Eigentlich rezensieren wir ja keine Alben, die schon über ein Jahr oder mehr auf dem Buckel haben (ehrlicherweise dümpeln immer noch ältere Platten bei den Redakteur*Innen herum, aber psst). Ja, eigentlich. Cornelius von Keep It A Secret hat uns einige Alben aus seinem Fundus geschickt – von aktuell bis bereits ein paar Jahre auf dem Buckel.
Aber manchmal kommt eine Band daher, die so dermaßen aus dem Nichts überzeugt, dass man die „Release-Datum“-Etikette einfach mit einem beherzten Gitarrenriff aus dem Fenster schmeißt. So geschehen mit der finnischen Band HOOK und ihrem Album „POOL“, das bereits im April 2024 erschienen ist, aber bei uns mit ein wenig Verspätung eingeschlagen hat wie ein gut gelaunter Backstage-Stage-Diver.
Das Cover von „POOL“ hat mich ehrlich gesagt auf eine falsche Fährte geführt. Ich rechnete mit irgendwas zwischen Ambient-Chillout, Folk oder melancholischem Indie-Geklimper aus einem verregneten Holzhaus am See. Vielleicht sogar ein bisschen Möwengekreische und Froschgequake. Nein, Spaß beiseite, ich vermutete schon härtere Metal-Musik. Bei diesem Cover und Finnland war das doch fast klar.
Doch was ich dann bekam, war eine satte Portion Pop-Punk – und zwar genau die Sorte, die zwischen juvenilem Trotz, Nostalgie und echtem Songwriting-Gefühl die perfekte Balance findet. Das Album klingt, als hätten Samiam, Dinosaur Jr. und Weezer bei einem Bier zu viel beschlossen, eine finnische Punk-Platte zu machen – aber bitte mit Gefühl, Haltung und Melodie.
Schon nach den ersten Takten wird klar, dass HOOK nicht einfach nur auf alte Helden verweisen, sondern deren Geist mit viel Eigenständigkeit und Herzblut wiederbeleben. Die Gitarren rotzen warm und melodisch, der Bass sorgt für Druck, das Schlagzeug treibt ohne zu drängeln – alles sitzt da, wo es sitzen muss. Und dann ist da noch der Gesang: mal kratzig, mal fast schon zerbrechlich, aber immer glaubwürdig. Es klingt ein bisschen nach: „Ich hab’ die letzten zwei Nächte nicht geschlafen, aber dieser Song muss jetzt raus.“
Was HOOK besonders sympathisch macht, ist diese Mischung aus Energie und Emotionalität, die nie ins Kitschige abdriftet. Die Songs handeln von Dingen, die einen beschäftigen, wenn man nachts nicht schlafen kann: religiöser Fanatismus, persönliche Zweifel, Verlust, gesellschaftlicher Stillstand. Aber statt in Selbstmitleid zu baden, haut die Band dir ihre Haltung mit einer Mischung aus Wut, Nachdenklichkeit und catchy Hooks um die Ohren. Es ist dieses „Wir haben keine Lösung, aber wir haben drei Akkorde und ein Gefühl“-Gefühl, das man aus guten Punk-Platten kennt – und „POOL“ trifft diesen Nerv genau.
Natürlich gibt’s auch Highlights, und zwar nicht zu knapp: „Solid Piece of Stone“, „I Am Done“ und „The Way Out“ bleiben hängen, ohne sich anzubiedern. Und wer bei „Full Head of Hair“ nicht zumindest innerlich ein bisschen mitwippt, dem/der ist vermutlich mit Emo-Rock nicht zu helfen.
Die Produktion tut ihr Übriges: glasklar, aber nicht zu sauber. Gerade so viel Dreck, dass es nach Garage riecht, aber trotzdem aus dem Wohnzimmerlautsprecher knallt. Genau so, wie man’s haben will.
Kurz gesagt: „POOL“ ist ein kleines, überraschendes Geschenk aus dem Norden. Der Bandname HOOK ist dabei mehr als passend, denn Hooks gibt’s hier in jeder Ecke. Wer also Bock auf Pop-Punk mit Hirn, Herz und Hymnenfaktor hat – und sich nicht daran stört, dass das Ganze nicht gestern, sondern „nur“ letztes Jahr erschienen ist – sollte sich dieses Album unbedingt geben.
Und das nächste Mal, wenn du ein pastellfarbenes Albumcover mit stiller Natur siehst, überleg dir zweimal, ob nicht doch ein bisschen Grunge-Gitarren-Punk darin versteckt ist. Finnland, ey. Die wissen, wie man Erwartungen sprengt.
Ihr braucht das Album? Dann habt ihr hier die Möglichkeit das Album zu ergattern.
Viel Spaß beim Hören und Entdecken!