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KADAVAR – I Just Want To Be A Sound

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Eines muss man KADAVAR lassen. Sie sind eine regelrechte Wundertüte. Während der Corona-Phase zwangen sie die geneigte Hörerin und den geneigten Hörer zu einer Belastungsprobe des Fan-Daseins. Mit „The Isolation Tapes“ hatten sie einen Teil ihrer Vergangenheit hinter sich gelassen und bespielten neues Terrain. Das neue Terrain: Space-Rock und Psychedelic-Rock, so würde ich es bezeichnen. Das hat einige positiv (zum Beispiel mich) und andere negativ überrascht.
Ihren Sound aus den ersten Alben fand ich zwar cool und habe ich auch geliebt, dahingehend hatte ich die Band auch 1x auf dem Maifeld Derby Festival im Jahr 2013 gesehen – und fand sie super, nebenbei bemerkt, doch irgendwie war mir das dann irgendwann zu viel Retro und ich verlor das Interesse so um 2015/2016 herum. Mit „The Isolation Tapes“, herausgekommen 2020, spielten sie sich wieder in mein Herz. 
Nun, wenige Jahre nach „The Isolation Tapes“ folgt der nächste Geniestreich der Berliner. Man munkelte, welchen Sound sie auf ihrem nächsten Album einschlagen würden … geht es wieder etwas zurück in die Anfänge der Band oder gar doch wieder etwas neues? Die Antwort liefern sie uns in „I Just Want To Be A Sound“, das wider Erwarten nicht auf ihrem eigenen Label Robotor Records herausgekommen ist, sondern auf dem feinen Label Clouds Hill.
Zum einen haben sie ein viertes Bandmitglied an der Gitarre am Start, in dem Fall ist es Jascha Kreft, und zum anderen schrauben sie ihren Sound nochmal in ungeahnte Richtungen. Space-Rock ist hier ein guter Begriff, denn der Sound geht schon auch in die Richtung. Jedoch ist ihr Sound viel experimenteller und alternativ-rockiger mit Synthie-Einflüssen geworden. 
Schon die ersten Gitarrensounds im Opener und Namensgeber des Albums „I Just Want To A Sound“ lassen erahnen, wohin die Reise geht. Und dann hört man sie, die unverwechselbare Stimme des Lupus Lindemann. Hier trifft gefühlte Stadion-Rock – Atmosphäre auf modernen Pop und alternative Rock – Anleihen zusammen. Wahnsinnige Mischung, die aus meiner Sicht aber funktioniert. 

Der zweite Track „Hysteria“ könnte aus der Schreibfeder des MUSE – Sängers Matt Bellamy stammen. Einzig die wummernde Bass-Gitarre würde ich bei MUSE eher nicht sehen. An dritter Stelle folgt der Track „Regeneration“, der erst mit Synthies beginnt und dann etwas ausufert, allerdings immer schön im Takt bleibt, was man wunderbar dann mit seinem eigenen Taktgefühl und dem Wummern auf den Oberschenkeln nachmachen kann. Ich hab’s ausprobiert – nach mehreren Durchläufen weiß man irgendwann, wann man zum Takt klopfen kann. 
„Let Me Be A Shadow“ klingt, als hätte man einen auf Wasser fallenden Wassertropfen aufgenommen und diesen Soundschnipsel nochmal durch den Mixer geblasen und diesen Sound erschaffen, mit dem wir zu Beginn begrüßt werden. Die Nummer ist eher ruhiger als die vorherige, wird aber etwas später eine gute Rock – Nummer. „I feel like an animal“ wird hier dann noch sehr ausgereizt, bis es am Ende plötzlich abgebrochen wird. Genau das find ich aber ziemlich fett. Es wird Spannung aufgebaut und diese dann abrupt beendet. 
Mein liebster Song auf dem Album ist „Sunday Mornings“. Vielleicht eine Ode an einen gemütlichen Sonntagmorgen mit Buch auf dem Balkon oder im Park. Dieser beginnt ruhig, für Kadavar-Verhältnisse sehr ruhig …. zwischendurch hört man mehrstimmigen Gesang … bevor dann die Brechstange herausgeholt wird und nochmal alles gegeben wird. Der „Tiger“ schwingt die Stöcke am Schlagzeug … die Gitarren werden malträtiert. Die fette Soundkulisse wird dann nochmal gesanglich untermalt, bevor es zum Höhepunkt kommt. 
Seite B hat natürlich auch noch ein paar Hits. Fuzzy geht es mit „Scar On My Guitar“ weiter. Tendenziell würde ich diesen auch eher in die 70er Jahre – Schiene stecken. Aber das kann man sich mittlerweile bei KADAVAR getrost stecken, denn hier überraschen sie auch wieder mit Allerlei. „Star“ ist dann wieder etwas ruhiger, bevor es mit „Until The End“ einen wunderbaren knackigen Abschluss gibt. 

Als alter neuer Fanboy musste ich mir natürlich neben der schwarzen Version, die ich glücklicherweise von Raphael zum Rezensieren bekommen habe und mehr oder weniger mehrfach durchgesuchtet hatte, auch noch zwei Shirts und eine grüne Vinyl-Variante besorgen. 
Mir gefallen die neuen KADAVAR richtig gut. Klar, sie stoßen mit ihrem Sound in die Magengrube all derer, die sie aus ihren anfänglichen Hard-Rock und Proto-Rock – Zeiten lieben- und schätzen gelernt haben. Aber was will man machen? Wenn sich eigene Interessen verschieben, muss man sich darauf einlassen. Und das haben KADAVAR eindrucksvoll zur Geltung gebracht. 

Zu erwerben ist das Vinyl über den KADAVAR-Shop und direkt bei Clouds Hill, die, das muss auch gesagt werden, eine tolle Pressqualität ihrer Vinyl aufweisen. Und nicht nur die neue Platte von KADAVAR, auch alle anderen Alben, die von Clouds Hill gepresst werden. 

Viel Spaß beim Hören und Entdecken! 

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