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The Extras – Closer | vinyl-keks.eu

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Explosiv, emotional, kompromisslos und zu laut. In einer Rocklandschaft, die zunehmend zwischen Retro-Glanz und digitalem Kalkül pendelt, übernehmen The Extras eine Rolle, die längst verwaist scheint: Die einer Band, die Emotionalität nicht mit Pathos verwechselt, die Punk-Wurzeln mit Songwriting-Können paart – und die Haltung hat, ohne Parolen zu schreien. Gegründet 2023 in Köln, aber mit internationaler DNA, zwei der vier Mitglieder stammen aus den USA, verbindet sie den rohen Geist des amerikanischen Undergrounds mit europäischer Gegenwartskultur. Die Gründer Elmar Freels (Köln) und Jon Manierre (New York) werden komplettiert durch Transgitarristin Killer Krissy, Drummer Leroy Kaldenbach und Bassist Pat Bewick. Mit ihrem eigenständigen Breitwandsound, ausgefeilten Lyrics und Rollkragenpullovern nach Lou Reed-Vorbild (nur in weiß) sind The Extras eine stilvolle Ausnahmeerscheinung. Sie vereinen rohe Energie mit Zugänglichkeit, Melancholie mit Wut, Punk mit Pop – und zeigen, dass Empowerment auch laut, chaotisch und kollektiv sein kann. Ach, und by the way: Im Juli haben sie ihr Debüt „Closer“ bei Rookie Records veröffentlicht.

 

 

 

So divers wie die Songs ist das Line-up: fünf Herdentriebverweigerer mit Haltung. Frontmann Elmar Freels tourte einst mit den Punk’n’Roll-Legenden Dumbell bis in die Geburtsstätte des Punk, das legendäre CBGB’s. Heute arbeitet er als Kreativer für die Heute Show. Co-Gründer Jon Manierre ist musikalisches Wunderkind und Migrant aus New York. Er beherrscht kein Deutsch, aber Gitarre, Bass, Synth und Bee-Gees-Vocals. Seine Arrangements bringen den Extras-Songs das gewisse, Vorsicht Wortspiel,  Extra. Ebenfalls US Import: Pat Bewick – Punk-Entertainer, Bass-Gewitter und Jons Bruder im Geiste. Krissy Weiffen ist doppelt trans: gender und genre. Vom Metal kommend, bringt sie mit ihrer Explorer-Axt neue Klangwelten und selbstbewusste Weiblichkeit in die Band. Drummer und Nachtarbeiter Leroy Kaldenbach ist nicht nur Taktgeber, sondern auch Gehör der Band: vier Songs auf dem Album wurden von ihm aufgenommen und produziert.

Fokussieren wir uns nun mal auf die Platte selbst. Worum geht’s? Um Isolation und Sehnsucht in „People“ – das lyrische Ich mag Menschen. Eigentlich. Um resigniertes Aufbegehren in „Bad Times“ – der Text besteht nur aus dem Titel und „Oh yeah“. Mehr ist zur Weltlage nicht zu sagen. „Point Blank“ bringt hymnische Selbstaufgabe: Die Lage ist schlimm – und wir selbst sind schuld. „The Firm“ rechnet mit geregelter Lohnarbeit ab, die Einflüsse hier eher britisch als amerikanisch. „Summer Is Coming“ ist der Sommerhit für zunehmend heiße Zeiten: Pixies, Iggy Pop, Dead Kennedys jammen in der Sauna. „Takin’ A Ride“: Rumfahren und Drogen nehmen sind nicht die produktivsten Tätigkeiten, aber müssen manchmal sein. Kongenial mitgesungen von Annika Manheller, die auch live oft am Gesang dabei ist, gemeinsam mit (A)Nette sind sie die Alpha Singers. Da stehen dann schon mal sieben Menschen auf der Bühne. „Hellhounds“ kanalisiert paranoide Blues-Mythen à la Motörhead, nur schöner gesungen. „The Luscious Ones“ erzählt vom Leben im US-Trailerpark – ein Roots-Rocker mit Hold Steady Anklängen. Ein großer Einfluss der Band ist Hüsker Dü! Dave Grohl hat mal gesagt, er hätte alle Riffs von Bob Mould geklaut – wenn schon klauen, dann von den Besten: Vermutlich auch das Motto bei „Sometimes“? Das kürzeste Stück ist purer New York Punk: „G. Masina“. Die Band kann es kaum fassen, dass Punkpionier Sonny Vincent, der schon Mitte der Siebziger mit den Dead Boys und Ramones auf der CBGB’s Bühne stand, hier höchstpersönlich alle Gitarren spielt. Und mit über 70 mehr Feuer hat, als jeder Aussie- und Neopunker. Genauso wie die anderen Gäste mit Heldenstatus: Hüsker Dü Legende Greg Norton spielt auf dem Song seinen wilden Bass! Und mit Jamie Oliver ist einer der besten Punk-Schlagzeuger überhaupt zu hören, bekannt von UK Subs, Anti-Nowhere League und Fantazmaz. Wie es dazu kam? Bereits im Gründungsjahr 2023 supporteten The Extras die Allstar Punks Ultrabomb um Greg Norton und Jamie Oliver. Und mit Sonny Vincent war Elmar Freels auf vielen Europa-Touren als Roadie und Tourmanager unterwegs.

Ich habe es mir inzwischen abgewöhnen können, Neuvinyl vor dem ersten Auflegen zu waschen. Es ist auch hier nicht nötig. Das rot/schwarz marmorierte Vinyl läuft sauber durch, kein Knacken und kein Knarzen. Hinzu hat man dem Vinyl ein gefüttertes Innersleeve spendiert. Vielen Dank dafür.

Bestellen könnt ihr die Platte ganz bequem und versandkostenfrei bei JPC.

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