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The Used / Siamese am 28.05.2025

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Ein Hoch auf Karl Lauterbach und seine, für manche wohl beste Amtshandlung, die Legalisierung von Tetrahydrocannabinol. Wobei das Profil des Dudes, der uns diesen Abend überhaupt erst möglich gemacht hat, vermuten lässt, dass er Mary Jane auch schon treu war, als diese nur heimlich im Hinterhof komsumiert werden konnte.

Mittwochabend, 28.05.2025. Wie eigentlich immer mache ich viel zu spät Feierabend, als mich auf dem Nachhauseweg ein Anruf meines Arbeitskollegen (der war schlauer als ich und hatte schon lange Schluß!) Sven ereilt. Er habe da zwei Tickets zum Preis von einem „verpeilten Kifferskateboarddude aus Tübingen“ bekommen, welcher es verpeilt habe, dass er und sein Kumpel aus Leipzig(!!?) doch eigentlich gar keine Zeit hätten heute, um nach Stuttgart ins LKA zu fahren, um dort eine von nur zwei Deutschland-Shows von The Used zu sehen. Und da der gute Sven logischerweise gleich wie ich in diesem unsäglichen sozialen Bereich tätig ist, wolle er mir das quasi Umsonst-Ticket auch umsonst geben.

Na da kann selbst der sonst so zur Sparsamkeit verdonnerte (ja, das kommt dann davon, wenn man im sozialen Bereich tätig ist!) Riedinger nicht widerstehen. Schnell heim, Familie davon überzeugen, dass das eine gute Sache werden könnte, was aber auch nicht schwer war, noch kurz Wäsche aufgehängt und ab dafür.

Später Feierabend + Wäsche aufhängen = Vorband verpasst. Sei aber nicht weiter schlimm gewesen, meint der gute Sven. Siamese seien ihm viel zu „Industrial“ gewesen. Na dann wär’s für den ollen Riedinger erst recht schwer genießbar gewesen. Also dann mal rein in die gute Stube, die schon noch Platz gehabt hätte für die ein oder andere Nase, für mich alten Sack aber angenehm gefüllt ist.

Kurz dem lieben Martin, dem neben Sven mir einzigen bekannten Gesicht des Abends, Hallo gesagt und zur Geburt des Kindes vor vier Wochen gratuliert. Der Mann versteht es, Prioritäten zu setzen. Na ja meint er: wenn The Used schon mal in Stuttgart spielen. Da hat er wohl recht mit, da The Used-Frontmann Edward McCracken später feststellen wird, dass seine Band wohl noch nie in Stuttgart gespielt hätte. Und das in exactamundo 25 Jahren Bandhistory, die im Moment mit der entsprechenden Welttournee gefeiert wird!

Dann noch kurz kopfschüttelnd die Merchpreise wahrgenommen (den Vogel schießt der Hoodie für schlappe 80(!) Tacken ab – und dann wahrscheinlich auch noch Fruit Of The Loom?!), im Kopf überschlagend, dass man für den heutigen Abend wohl rund 100-120 Euronen löhnt, möchte man neben dem Eintritt an sich noch ein (billiges) Souvenir mitnehmen und ein paar gar nicht mal mehr so schale Biere, wie ich sie in diesem Etablissement eigentlich in Erinnerung hatte, aus dem Plastikbecher schlürfen. Kein Wunder haben die Kids keine Kohle mehr für den Underground, den ich just in diesem Moment einmal mehr zu schätzen weiß. Versteht mich bitte nicht falsch; ich war selbst jahrelang als Hiwi beim Veranstaltungstechniker tätig und kann das schon so ein bisschen einordnen, was ’ne Profiproduktion kosten kann, aber selbst unsereins, der ein festes Einkommen hat, muss da inzwischen Prios setzen, was geht noch und was eben nicht.

Ob sich aber mein Umsonst-Ticket für den heutigen Abend dennoch gelohnt hat, das zeigt sich dann auch jetzt gleich schon, denn relativ pünktlich um keine Ahnung, wie spät es jetzt ist, entert das Quartett aus Orem/Utah die Bühne.

Und das mit großem Tamtam und doch weiß ich auch gleich wieder, was mich am LKA neben Bier aus dem Plastikbecher schon seit Längerem gestört hat: der Sound. Der ist einfach zu klinisch und es wirkt ein bisschen so, als ob zwischen Bühne und Publikum eine durchsichtige Mauer hochgezogen worden wäre, hinter der The Used gerade eine Probe unter Realbedingungen abziehen. Die Gitarre ist auch quasi nur optisch da, ab dem vierten Song hat sie der Mischer dann aber doch auch annehmbar akustisch hinzugefügt.

Und so will bei mir nicht so recht Stimmung aufkommen, was man allerdings von den Leuten um mich rum nicht behaupten kann. Zugegeben: ich hab zwar die Alben „Vulnerable“ und „Imaginary Enemy“ im Regal stehen, würde mich aber dennoch als alles andere, nur nicht als Insider in Sachen The Used bezeichnen. Und so freue ich mich dann eben daran, dass alle um mich herum sich freuen.

Ein übrigens altersmäßig überraschend gemischtes Publikum feiern ein offensichtliches Hitgewitter. Sowohl der Fünfziger mit grauen Haaren und Plautze, als auch das 19jährige Emokid zeigen sich Textsicher und ich frag mich so ein klein wenig, ob ich nicht doch etwas verpasst habe in den letzten 25 Jahren? Das Highlight ist aber auf jeden Fall die junge Frau drei Plätze neben mir, die bei einem der eher poppigeren Songs tatsächlich Tränen in den Augen hat. Ja! Ich scheine wirklich was verpasst zu haben in den letzten 25 Jahren und mir wird bei diesem Anblick bewusst, was wir alle so an Musik mögen (können): sie begleitet unsere individuellen Lebensläufe und ist immer für uns da, in guten, wie in schlechten Tagen. Und so wird selbst mir, kritischem Kritiker so ein ganz klein wenig warm ums Herz.

Nach ziemlich exakt 90 Minnuten ist dann aber Schluß mit lustig, auch mit traurig und auch mit nachdenklich. The Used verlassen mit den üblichen platten Amiband-Ansagen (die gab’s auch schon während der Show zur Genüge) die Bühne, ohne Zugabe oder sonstigen Brimborium. Find‘ ich jetzt zwar bisschen schwach, aber es wäre jetzt schon auch frech von mir Umsonst-Ticket-User, mich jetzt auch noch zu beschweren.

So bleibt ein nettes Konzerterlebnis, bei dem dann aber der größte Aufreger schon der war, dass ein Dude noch kurz vor Schluss die Bühne geentert hat, um den (vermutlich) bandeigenen Kameramann umzuspringen. Der Dude wurde dann von der Band mit Hilfe von Fäkalsprache von der Bühne gejagt und von der Security nach draußen gezerrt. Sagt schon alles, oder? Aber wie gesagt, alle außer mir scheinen voll und ganz auf ihre Kosten gekommen zu sein und darum soll es letztlich ja auch gehen!

Bin dann gegen 23:00 Uhr wieder zuhause. Auch ungewöhnlich und früher wäre ich doch auch ohne The Used nicht ins Bett gegangen! Danke nochmal an Sven für das Ticket. Ich revanchier‘ mich bei Gelegenheit, mein Freund!

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